Baden-Baden / Festspielhaus: „WAGNER-GALA“ – 25.03. 2024
Foto: Monika Rittershaus
Noch wie betäubt unter den Einflüssen des Beethoven-Brückner-Events des Vorabends, zelebrierten die Berliner Philharmoniker unter der exzellenten Leitung ihres Chefdirigenten Kirill Petrenko ein weiteres Konzert-Highlight. Wie in keinem anderen Werk Richard Wagners ist der Grundgedanke einer Oper so stark manifestiert, klar, ausdrucksvoll in einem Orchester-Vorspiel zusammengefasst worden wie in der Ouvertüre und Venusberg-Bacchanal zu „Tannhäuser“. Der Kampf zwischen Glut der Sinne und Glauben der Seele, zwischen Verlockung und Erlösung wird in den Tönen dieses glanzvoll instrumentierten Orchester-Stückes geradezu bildhaft vorgeführt.
Den zartgetönten Pilgerchor erhoben die Hörner und Holzbläser der traumhaft aufspielenden Berliner Philharmoniker zu würdevoller Prädikation. Der Gesang schwoll an, Posaunen eingebettet in ein flimmerndes Geflecht schimmernder Geigenfiguren, schienen den Ruf der Gläubigen in alle Lande zu tragen bis das Thema allmählich wieder zurück sank und verklang. Schwirrende Violinen, lockende Bratschen, betörende Holzbläser beschwören die schwüle Sinnlichkeit des Venusberges herauf. In einer schmachtend verführerischen Klarinettenmelodie schien Frau Venus gar selbst emporzusteigen, die Geigen jubeln Tannhäusers Hymne der Liebe. Immer wilder formierte Kirill Petrenko die orchestrale Ekstase bis das fromme Thema wieder anklopfte, die Orgienklänge im Wettstreit der Verheißung der göttlichern Gnade entführte der großartige Zauberer Wagner in jene wechselseitigen Emotionen. Traumhafte Piani entlockte Petrenko seinem exzellenten Instrumentarium in vollendeten Verknüpfungen der Klangfärbungen.
Das Publikum berauscht, applaudierte euphorisch.
Jenseits aller Regie-Absurditäten durfte man nun den ersten Aufzug „Die Walküre“ genießen, in dessen Verlauf sich trotz ansprechenden Solisten, das Orchester unter der begnadeten Stabführung von Kirill Petrenko unweigerlich zum heimlichen Star des Abends avancierten.
Erlebte das Programm bereits als „Silvester-Konzert 2023“ in der Philharmonie Berlin seine erfolgreiche und umjubelte Aufführung, gastierte man damit in Umbesetzung der Solisten an der Oos und versetzte das Osterfestspiele-Publikum erneut in einen Begeisterungstaumel.
In bester Manier servierte Petrenko mit seinen in allen Gruppierungen hervorragend disponierten Berliner Philharmonikern akustische Délicatesse par excellence, geleitete durch die wunderbaren Motive, erschloss hervorragend jene musikalischen Perspektiven voll Wärme und Sentiment. Bereits im dynamischen fein ausgeloteten Vorspiel, zur markanten Akzentuierung des Gewittermotives, dem erotisch-elektrisierenden Knistern wurde instrumental gewahr, was diese geniale Komposition so reizvoll macht. Herrlich aufgelichtet durchwebten die Klänge intimeren Charakters das Bild konträr zu den dramatischen Details voller Spannung und Intensität.
Für den erkrankten Brandon Jovanovich sang Klaus Florian Vogt den Siegmund in eher lyrischer Tongebung. Während der Wehwalt-Erzählung bedachte Vogt seinen Tenor mit dunklen Einfärbungen jedoch gewann im weiteren Verlauf sein knabenhaft anmutendes Timbre die Oberhand. Mit schönen Legatobögen, hell strahlendem Silberglanz war Vogt seiner Partnerin ein kongenialer Partner.
Gertenschlank, wallendes Blondhaar, charmant, spielfreudig erschien Vida Mikneviciuté als optisches Idealbild der Sieglinde. In frischer Jugendlichkeit ließ die Dame ihren höhensicheren Sopran, mit teils erregendem Vibrato versehen in strahlendem Glanz erklingen.
Wohl von der vorangegangenen Hetzjagd ermattet erschien Hunding, Kwangchul Youn bot dem „Frevler“ im eigenen Haus wenig Paroli, seinem Bass fehlte es an Nachtschwärze und Volumen.
Ungeachtet meiner persönlichen Einwände feierte das Publikum alle Mitwirkenden langanhaltend und begeistert.
Gerhard Hoffmann