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BADEN-BADEN/Festspielhaus: „TRISTAN UND ISOLDE II. AUFZUG“

26.08.2024 | Oper international

Baden-Baden: „TRISTAN UND ISOLDE II. AUFZUG“ – 25.08.2024

manolo
Camilla Nylund, Jonas Kaufmann. Foto: Manolo-Press/M.Bode

Zum sommerlich-krönenden Abschluss der Spielzeit präsentierte das Festspielhaus einen elitären Höhepunkt mit einer Richard-Wagner-Gala in deren Mittelpunkt der zweite Aufzug von „Tristan und Isolde“ seine glanzvolle Aufführung erlebte. Nach dutzendfach erlebten Inszenierungen und hunderten besuchten Aufführungen während der letzten Jahrzehnte erfreute sich der Rezensent insbesondere zur konzertanten Fassung, jenseits jeglicher Regie-Irritationen und genoss Wagner pur. Es ist immer wieder frappierend zu erleben mit welcher Hingabe und Intelligenz erfahrene, großartige Sänger-Darsteller*innen ihre Parts erfüllen, dank ihrer persönlichen langjährigen Erfahrung die Personen zu neuem Leben erwecken und somit durfte man einer halbszenischen Aufführung mit wenigen Accessoires der Sonderklasse beiwohnen. Exzellent vokal wie optisch stellten so die Damen und Herren den „Liebes-Aufzug“ mit ihrer umwerfenden Präsenz in den Mittelpunkt und ließen  selbst Bayreuth im Schattendasein fristen. Doch nun zum Wesentlichen:

Camilla Nylund im herkömmlichen Sinne keine Hochdramatische, jedoch eine erfahrene Richard-Strauss-Interpretin von hohem Rang, eine Sopranistin mit enormer Physis die Partie der Isolde formativ zu adeln. Technisch bestens fokussiert, aus dem Lyrischen vehement in jugendlich-dramatische Gefilde aufblühend erfüllte die Sängerin O sink hernieder mit fraulicher Wärme und steigerte sich klangschön in die extremen Höhenlage der schier überschäumenden Ekstase.

Voluminös, mit wunderbaren Mezzo-Couleurs bat Brangäne um Vergebung ihrer einmaligen Untreue. Traumhaft-schwebendes Strömen schenkte Sasha Cooke dem sphärischen Wachgesang sowie bange Erregung den warnenden Rufen Habet acht.

Nun begeisterte mich während der letzten Jahre vornehmlich ein jugendlich-strahlender Tristan in Wiesbaden und in großer Erwartung fieberte ich meinem absoluten tenoralen Favoriten in dieser Partie entgegen und Jonas Kaufmann erfüllte sie nicht nur sondern übertraf meine kühnsten Aspirationen. Ich wage zu behaupten: kein Sänger verfügt dato über die vokal-technische Faktizität der variablen Nuancierungen. Wie oft zuvor durfte ich diese beispiellose Kapazität des sympathischen Sängers erleben und nun erneut bewundern. Voll erstaunlicher Energie, umwerfendem Tatendrang kam sein Tristan daher, steigerte sich nach emotionsreichen Piani im Duett mit seiner Partnerin in  Überschwang mit herrlichen dunklen Einfärbungen seiner männlich-herben Vokalise in die strahlend-heldentenoralen Höhenflüge und ließ das Auditorium vor Wonne frösteln.

Mit dem Ruf Rette dich, Tristan warnte Kurwenal und Todd Boyce schlüpfte sofort in die Rolle des Melot und versah den eigentlich unsympathischen Intriganten mit herrlich strömendem Bariton-Timbre. Christof Fischesser schenkte  Marke wahrhaft königliche Präsenz, ohne jegliche Larmoyanz entfaltete sich sein sonores, klangvolles Bassmaterial beschwörend und ergreifend.

In Transformation zum Zyklus „Wandel II“ beendete zur zweitletzten Performance das Gstaad Menuhin Festival & Academy Orchestra seine umfangreiche Tourée an der Oos.

Am Pult des renommierten Klangkörpers waltete umsichtig der erfahrene Dirigent Mark Elder. Klangwogen sich allmählich in die narkotisch-leidenschaftliche Liebesekstase steigernd erfüllten alle orchestralen Omen. In klarer Transparenz, moderaten Tempi war Elder den Solisten ein adäquater Partner, ohne übermäßiges Forte ließ der Dirigent die betörende Musik fließen, atmen, rückte die suggestiven Details dieser musikalischen Droge bezwingend vom sphärischen Jenseits in gegenwärtige Realitäten.

Bereits zuvor wurde das Schweizer Instrumentarium seinem legendären guten Ruf gerecht,  eröffnete das Konzert mit Vorspiel und Karfreitagszauber zu Wagners Bühnenweih-Festspiel „Parsifal“. In spannungsreichen Steigerungen, durchgehend orchestraler Transparenz, in vortrefflichem Ineinanderfließen wogten die Ursubstanzen ambivalent außerhalb fühlbarer Zeiterfahrung in Wellen durch die Streicher, formierten sich in Triolen der Bläser zum feierlichen Pathos des Gesamtklangs. Traumhaft ertönten die magischen Momente des Abendmahls sowie schier verklärt das Erlösungsmotiv.

Das Publikum im fast ausverkauften Festspielhaus feierte alle Beteiligten mit Bravo-Chören, langanhaltendem prasselndem Applaus, wobei der Löwenanteil verdient Jonas Kaufmann gebührte. Eine komplette Aufführung von „Tristan und Isolde“ in dieser Besetzung oder evtl. mit der weltbesten Isolde unserer Tage wäre in nächster Zeit eine Anregung wert!

Gerhard Hoffmann

 

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