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BADEN-BADEN/ Festspielhaus: „SWR SYMPHONIEORCHESTER    TEODOR CURRENTZIS“ 

28.05.2023 | Konzert/Liederabende

Baden-Baden: „SWR SYMPHONIEORCHESTER    TEODOR CURRENTZIS“  –  27.05.2023

Illustre Gäste schmücken die Programme der „Pfingst-Festspiele 2023“ im Festspielhaus. Zum Entrée leitete L´Enfant terrible der internationalen Pultstars Teodor Currentzis  als Chef-Dirigent sein SWR Symphonieorchester mit einem speziellen Konzert um Richard Wagner die Festtage glanzvoll ein.

Den Auftakt bildete die UA des russisch-ukrainischen Komponisten Alexei Retinski *1986 sinnigerweise betitelt „Das Wasser hat keine Haare – Vorspiel zum Vorspiel „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner“. Es erklang ein Werk fernab disharmonischer Klangforen mit hörbar altbekannten Anleihen französischer Impressionisten wie Debussy, Ravel, Poulenc voll zarter Poesie aber auch kräftigen instrumentalen, jedoch nie ausufernden Forte-Eruptionen. Wenige leise organisierte Akkorde ließen den großen Bayreuther Meister erahnen. Teodor Currentzis mit seinem famos disponierten, prächtig aufspielenden SWR-Symphonieorchester unterstrich in markanter Bravour die eigenwillige Charakteristik des Werkes und betonte auf besondere Weise die orchestralen Figurinen und Phrasierungen.

Ohne Übergang leitete Currentzis sodann ins Original Vorspiel und Liebestod zu „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner und zelebrierte mit richtigem Gespür für Agogik, faszinierende Klangwelten von höchster unfassbarer Intensität. Der Philosoph Slavoj Zizek bemerkte dereinst Tristan und Isolde sei keine Tragödie, sondern ein Spiel mit glücklichem Ausgang, des „Erlangens der erwünschten Seligkeit“. Es schien als hätte der grandiose Dirigent jene Worte vernommen und inspirierte sein Instrumentarium vom ersten bis letzten Takt zu überirdischem Musizieren. Transparent in feinen Ziselierungen erhoben sich die ersten Takte, sich allmählich steigernd in dichte intensive Couleurs, gipfelnd im Rausch der Liebesthematik. Atmosphärisch in perfektem Einklang, betörend schön ausmusiziert führte Currentzis das Instrumentarium  in die wunderbaren entrückten, losgelösten Liebestod-Sphärenklänge. Andächtige Stille, sodann brach sich die Begeisterung des davor atemlosen Publikums seine Bahn und zog den anwesenden Komponisten Retinski mit ein.

Noch völlig narkotisiert bar dieser Klangeinwirkungen wandelte man schier der Welt abhanden gekommen unfähig der Worte in die Pause.

Nach langsamer Perseveration in reale Welten präsentierten die Gefeierten ein weiteres Highlight „Der Ring ohne Worte“ zum Arrangement von Lorin Maazel. Ob nun grumelnd in den Tiefen des Rhein intoniert oder in luftiger Variabilität flirrender Streicher zu schwelgerischen Passagen, stets in effektiver Balance oder differenziertem Tiefgang musiziert überzeugte, nein was sage ich, faszinierten die „Rheingold“-Episoden bis zum überwältigen Einzug der Götter in Walhall. Nun möchte ich keinesfalls programmatisch die drei weiteren Ring-Abende dieser leider viel zu kurzen Suite erläutern und dennoch drängt es sich auf bar jene wundervollen instrumentalen Soli  Siegmund/Sieglinde – Thema im grandiosen Violinen-Celli-Sound, imposant der Walkürenritt, Wotans Abschied-Feuerzauber in übermächtiger orchestraler  Prachtentfaltung   zu beleuchten.  Hinreißend mit viel Liebe zum Detail modellierte der Dirigent sensibel Wagners unvergleichlich komponierte Naturlaute  zarter Stimmungsnuancen im Waldweben sowie Siegfrieds kraftstrotzende Schwertschmiede. Ob nun wehmütig-melancholisch, innig-verhalten, durchschlagend brillant formierte sich dieser Klangkörper zu qualitativer Aussage auf höchstem Niveau und bezauberte mit den finalen Szenen  Morgendämmerung-Siegfrieds Rheinfahrt-Siegfrieds Tod-Trauermarsch-Untergang der Götter  in faszinierender Weise gleichwohl.

Standing Ovation, Jubel ohne Ende für einen Konzertabend elitärer Art. Wehmütig dachte ich so bei mir: In dieser Instrumentation mit Currentzis am Pult Tristan und Isolde – den Ring -komplett, wäre wohl das Nonplusultra?

Gerhard Hoffmann

 

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