Baden-Baden: „ELIAS“ – Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy 30.01.2016
Thomas Hengelbrock, Michael Nagy. Copyright: Manolo Press
Seit 2003 hat das Kuratorium der Kulturstiftung Festspielhaus Baden-Baden den „Herbert von Karajan – Musikpreis“ an herausragende Persönlichkeiten der Musikwelt u.a. Anne-Sophie Mutter, Thomas Quasthoff, Edita Gruberova, Wiener Philharmoniker etc. verliehen. Der Preis ist mit € 50.000.- dotiert, bereitgestellt von der Stiftung Helibelle und ist zweckgebunden zur Nachwuchsarbeit. Nun wurde der Preis letztmals in Baden-Baden verliehen und wird als Staffelstab 2017 auf Wunsch der Karajan-Witwe an Salzburg gereicht.
Der diesjährige Preisträger Thomas Hengelbrock und Gründer des Balthasar-Neumann-Ensemble und Chor bekundete in seiner kurzen Dankansprache, er möchte das Preisgeld für Förderprojekte des „Instituto Superior de Arte (ISA) Havanna“ verwenden.
Die Preisverleihung erfolgte nach kurzem Vortrag durch Prof. Dr. Horst Weitzmann, das folgende witzig-informative Laudatio hielt Klaus Maria Brandauer, langjähriger Weggefährte und Verehrer des Geehrten.
Nun hatte ich das Vergnügen den „Elias“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy vor knapp zwei Wochen der der AOF, in bombastischer Chorbesetzung zu erleben, war natürlich sehr gespannt auf diese schier „kammermusikalische“ Ausführung und die große Überraschung blieb nicht aus!
Jedoch bevor ich die großartigen Solisten würdige, möchte ich den Qualitäten der Orchester-Chor-Interpretationen den Vorrang geben. Thomas Hengelbrock scheint mit seiner Gemeinschaft familiär verwurzelt und bot eine Wiedergabe der Superlative!
Sehr eindringlich beleuchtete der versierte Dirigent schon die filigrane Einleitung, man wähnte jedes einzelne Instrument zu vernehmen. Atemberaubend, spannend, transparent verband Hengelbrock solistische Vokal- und Chorelemente äußerst empfindsam, stets im Streben nach Differenzierungen des Subjektiven, der melodiösen Illustration, ganz im Sinne für das Malerische dieser ausdrucksstarken Komposition.
Mir erscheint Thomas Hengelbrock (wie schon oft zuvor) als Klangmagier im Verflechten von Stimmungen, jedoch nun die Zartheit dieser zuweilen imperialen Musik, geradezu liedhaft zu betonen. Doch was wäre all das Streben nach musikalischer Wahrhaftigkeit ohne ein hervorragendes Orchester? Das Balthasar-Neumann-Ensemble folgte aufmerksam den Eingebungen seines Leaders und setzte gipfelstürmende Akzente mit den zauberhaft musizierenden Streichern, den akkuraten bestens disponierten Holz- und Blechsektionen im exemplarischen, exzellenten Gesamtsound.
Zur grandiosen Interpretation des Balthasar-Neumann-Chor von Detlef Bratschke präzise vorbereitet, blieb mir salopp formuliert, einfach die Spucke weg. Die wohlklingende Chorgemeinschaft mit ihren hervorragenden Solisten: Tanya Aspelmeier, Antonia Bourvé, Gerline Sämann, Anne Bierwirth, Hanna Roos zu den eindringlich-klangvollen Engelsverkündungen. Ebenso die eindrucksvollen Soli der Herren: Hermann Oswald, Jakob Pilgram, Pierrick Boisseau, Ralf Ernst, Stefan Geyer. Alle glücklich vereint, trugen zur gehaltvollen, imposanten Gesamtkonstruktion des Werkes vehement bei.
Schwebend, entrückt, himmlisch zart im Detail der Durchhörbarkeit, erklangen die Sopran-Alt-Parts in Verbindung der hellen, tiefen, markanten Männerstimmen zur prächtigen Formation. Transparent wirkten die Piani der verhallenden Sequenzen, stets in wohldosierter, kontrastreicher Balance zum homogenen Gesamtklang des Chorapparats in allerbester Güte und Qualität.
Nun sah ich natürlich ebenso mit Spannung der Neubesetzung des Titelhelden Christian Gerhaher entgegen, doch sagte der Solist, vermutlich krankheitsbedingt ab. Umso erfreulicher war nun die Wiederbegegnung mit Michael Nagy, welcher sich heute solistisch zu übertreffen schien. Der exzellente Sänger gestaltete den gescheiterten Propheten noch eindringlicher, prächtig disponiert entfaltete sich sein herrlich-timbriertes Material in frappierender Fülle und bot eine Vokalleistung von höchstem Qualitätsanspruch.
Nagy verstand es höchst kultiviert dem Elias individuellen Ausdruck zur dominant-euphorischen Aussage Aber der Herr sieht es nicht zu verleihen, kontrastierte mit balsamisch-strömendem Bariton, bewegend in herzstockenden Tönen der Demut Es ist genug!
Großartig fügte sich der helle Knabensopran (N.N.) im Duett mit Elias sowie solistisch ein.
Einschmeichelnd mit weichem Mezzocouleurs versah Ann Hallenberg das Arioso Weh ihnen, dass sie von mir weichen, setzte dramatische Einfärbungen dagegen Der Herr hat dich erhoben und schenkte dem Engel Sei stille dem Herrn, versöhnlich-himmlische Töne.
Obertonreich mit strahlend aufblühendem Sopran beschwor in bewegender Intensität Genia Kühmeier Was hast du mir getan, die Klage der Witwe und formierte schlicht, verklärt, bewegend die Arie Höre, Israel.
Kernig erklangen die tenoralen Rufe des Obadja (Lothar Odinius) So ihr mich von ganzem Herzen suchet sowie nachdrücklich , gefühlvoll Siehe, er schläft unter dem Wacholder.
Emotionell in herrlichem Wohlklang vereinten sich die ausgezeichneten Solisten zum Quartett Wohlan, alle die ihr durstig seid. In farbig-vokaler Tonmalerei pries der exzellente Chor mit Alsdann wird euer Licht das Finale des genialen Oratoriums.
Nach atemlos-ergriffener, langer Stille entluden sich sodann Jubelstürme der Begeisterung.
Gerhard Hoffmann