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BADEN-BADEN: „DANIIL TRIFONOV-FILARMONICADELLA SCALA-RICCARDO CHAILLY“ Saison-Auftakt

01.10.2016 | Konzert/Liederabende

 Baden-Baden: „DANIIL TRIFONOV-FILARMONICADELLA SCALA-RICCARDO CHAILLY“   Saison-Auftakt am 30.09.2016

Riccardo Chailly-Daniil Trifonov (c) manolo press
Copyright: Manolo Press

Zur glanzvollen Saison-Eröffnung des Festspielhauses waren illustre Gäste geladen: Daniil Trifonov sowie das Filarmonica Orchestra della Scala unter Riccardo Chailly. Die Gäste widmeten ihr Programm der deutschen Romantik, spielten ausschließlich Werke von Robert Schumann.  

Danill Trifonov hatte demnach das „Klavierkonzert a-Moll“ im Gepäck und widmete dem gefühlvollen  Konzertstück phänomenale Reverenz. Vom Komponisten wurde der erste Satz 1841 für Ferdinand Hiller als „Phantasie für Klavier und Orchester“ komponiert und im Jahre 1845 in ein dreisätziges Konzert umgearbeitet und erweitert. 

Phänomenal darf man den blühenden Interpretationston  des jungen dynamischen Pianisten bezeichnen. Energisch kraftvoll leitet Trifonov das Allegro affetuoso ein, testet geradezu artikulliert die dynamischen Grenzwerte aus. Grandios entfaltete sich das romantische Hauptthema zur Begleitung des Orchesters. Der Solist schien es dem Instrumentarium schier verklärt nachzuträumen, sodann entspann sich ein prachtvoll versonnenes  Wechselspiel in welchem besonders die Holzbläser mit dem Piano eine reizvolle Konversation führen. Das überwältigende pianistische  Brillant-Feuerwerk der Kadenz sprach für sich.

Wie magisch entrückt erklang das Andante grazioso und offenbarte auf wunderbare Weise die enorm-überwältigende Reife des jungen Solisten und wirkte wie eine transzendentale Studie über verlorene Gefühlswelten. Anmutig erklang der Dialog zwischen Klavier und Streichern, welcher sodann auf alle Orchestergruppen übergriff. Die verklärte Poesie ist in der Konzertliteratur unvergleichlich.

Auf ganz universelle persönliche Weise gestaltete Daniil Trifonov das finale Allegro vivace, argumentierte in rhythmischen Dialogen, formuliert sprechend die Themen in melodischen Kühnheiten ohne jedoch das Phantastische dieser Komposition außer Acht zu lassen.

Für mich persönlich die bisher wohl dichteste Darbietung dieses Konzerts voll elastischer Flexibilität, schattierender Dynamik und klangvoller Transparenz.

Emotionell eindrucksvoll begleitete Riccardo Chailly mit dem akkurat bestens disponierten Orchestra Filarmonica in strahlender Lebendigkeit und hinreißender Detaillierung.

Für die überschäumende lautstarke Begeisterung bedankte sich der smarte sympathische Künstler mit dem zunächst verhaltenen sodann prächtig genuin interpretierten „Präludium und Fuge D-Dur“ (Schostakovitch).

Den interessanten Konzertabend eröffneten die italienischen Gäste mit der Ouvertüre „Manfred“, der relativ kurzen Vertonung zur dramatischen Skizze Lord Byrons. In instrumentalen Schattierungen offenbarte der exzellente Klangkörper die Charakterzüge des titelgebenden Protagonisten, dessen qualvolle Verzweiflung sich gegen das Schicksal aufzulehnen.  Prächtig kontrastierte Chailly die einzelnen Themen, die differenzierten Strukturen, die melodischen Motive sowie den dynamischen Stimmungsgehalt der einzelnen Passagen. Nun kenne ich das Werk straffer formuliert, doch Riccardo Chailly legte den Kurz-Opus in breiter sezierter Sichtweise dar.

Nach der Pause erklang  Schumanns „Zweite Symphonie“. Der Frühling ist vergangen, die lähmende Krankheit des Komponisten wird spürbar, Geniales kontrastiert neben Mattem, Erschütterndes neben Scherz und Resignation. Dieses C-Dur-Werk und zugleich längste Symphonie des Komponisten ist das tragische Zeugnis des Kampfes eines Genies mit seinem Dämon. Pathetisch geistert das melancholische Motiv nach langsamer Einleitung fortwährend durch das Allegro und Riccardo Chailly schien mit dem hervorragend musizierenden Scala Orchestra die gewisse Monotonie, die verquälte Stimmung durchbrochen von gelegentlichen Ausrufen echten Schmerzes, noch zu verstärken.

In frisch klangvoller und farbenreicher Orchestrierung vermittelte der erfahrene Dirigent mit seinem klangvollen Instrumentarium dem einleitenden Allegro ma non troppo den wehmütigen Flair, dem freudvollen  Scherz stärkere aussagekräftigere Impulse. Stärkere facettenreiche Akzente schenkten die gastierenden Italiener jedoch in süßem Wohllaut verwebenden Gesangs der Violinen dem Adagio  zum samtenen Nachklang der Holzbläser einer Romanze sanften Schwermuts.

Heroisch lichtdurchströmt die vorherigen Sätze variiert zitierend verleihen dem finalen Allegro molto eine gewisse formale Gestalt. Chailly mobilisierte nochmals den orchestralen Grundgedanken dieser zu Herzen gehenden Komposition, dem musikalischen Gleichnis eines Sieges über die dunklen Mächte, welchen den Tonsetzer bedrohten,

Mit großer Herzlichkeit feierte das Publikum die italienischen Gäste und wurde mit dem rasant interpretierten „Fast Blues“ (Carlo Boccadoro) in die laue Herbstnacht entlassen.

Gerhard Hoffmann

 

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