BAD ISCHL/Kongress-und Theaterhaus: LEHARFESTIVAL: DER VOGELHÄNDLER, MADAME POMPADOUR, SCHÖN IST DIE WELT
am 9.10. und 11.8. 2023
Gemäß der Devise von Intendant Thomas Enzinger jedes Jahr drei verschiedene Arten von Operetten zu zeigen – eine klassische, eine Revueoperette und eine Rarität – wurden heuer Der Vogelhändler, Madame Pompadour und Schön ist die Welt aufgeführt.
„Der Vogelhändler“. Copyright: Fotohofer
Der Vogelhändler ist ja an und für sich ein sehr schönes Werk, er leidet nur ein wenig darunter, dass alle dabei immer nur an „Ich bin die Christl von der Post“ und „Schenkt man sich Rosen aus Tirol“ denken, während die lyrischen Passagen wie z.B. „No amol, no amol, no amol“ doch eigentlich viel inniger sind und viel mehr ans Herz gehen…
„Der Vogelhändler“. Copyright: Fotohofer
Die Regie von Anette Leistenschneider in kitschigen Bühnenbildern und Kostümen von Sabine Lindner und Sven Bindseil war leider ziemlich klischiert und karikatural.
„Der Vogelhändler“. Copyright: Fotohofer
„Der Vogelhändler“. Copyright: Fotohofer
Das Sängerensemble hingegen – David Sitka (Adam), Jenifer Lary (Christel), Corina Koller (Kurfürstin Marie) etc. – glänzte unter der energischen Leitung von Marius Burkert.
Glänzen konnte auch Julia Koci als Madame Pompadour. Wobei die Tatsache, dass sie in der von uns besuchten Vorstellung wegen einer Stimmbandentzündung die Rolle nur mimen konnte, während ihre Volksopernkollegin Ursula Pfitzner die Maitresse von der Seite aus sang, tat der Freude keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil : zwei bombige Diven zum Preis von einer, wo kriegt man das schon ? Im gesanglichen wie im spielerischen auch toll: Loes Cools als Belotte und Kaj-Louis Lucke als Calicot.
„Madame Pompadour“ Julia Koci. Copyright: Fotohofer
„Madame Pompadour“ Julia Koci. Copyright: Fotohofer
Intendant Enzinger hat als Regisseur die „verjazzte Fassung“ von Matthias Grimminger, Henning Hagedorn und Christoph Huber gewählt, was dem Fall’schen Opus durchaus gut tut. Nur dass der König im letzten Akt mit radebrechendem Deutsch auch noch steppen muss, war des Guten dann doch etwas zuviel. Ansonsten „fetzt“ diese aufgepimpte „Revue – Pompadour aber ziemlich
Mit großer Spannung erwartet wurde die heurige „Rarität“ : Schön ist die Welt des Ischler Hausgotts Franz Lehar, die man ja nur ganz selten zu Gesicht bekommt.
„Schön ist die Welt“. Copyright: Fotohofer
Bei allem Interesse und bei aller Neugier (dieses Werk war ja der Hauptgrund, warum ich heuer nach langer Zeit wieder nach Ischl gepilgert bin ), muss ich leider sagen, dass das Endprodukt dann doch etwas enttäuschend war.
Im ersten Akt schlägt immer wieder der Militärkapellmeister Lehar durch, und im zweiten, wegen seiner „Kühnheit“ (er ist letztlich nur ein einziges langes Liebesduett) von den Exegeten so hochgehypten Akt bricht sich ein weiteres Mal des Meisters lebenslange Obsession, eigentlich eine Oper schreiben zu wollen, verhängnisvoll die Bahn.
Der Rahmenplot rund um diesen (eigentlich schon 1912 geschriebenen) Liebesakt ist auch ein wenig dünn. Es handelt sich sozusagen um eine Version von Leonce und Lena (Prinz und Prinzessin wollen einander nicht heiraten, büchsen aus, verlieben sich zufällig incognito ineinander und heiraten daraufhin doch) – allerdings in den Alpen.
Sieglinde Feldhofer ist eine absolut grossartige und überwältigende Elisabeth, Prinzessin von und zu Lichtenberg. Wenn man bei Kronprinz Georg (Thomas Blondelle) jedoch an den Uraufführungsinterpreten Richard Tauber denkt, kommen einem die Tränen…
Hinzukommt, dass wir nur eine „semikonzertante“ Fassung vorgesetzt bekommen. Enzinger weiß das wortreich mit wirtschaftlichen Motiven zu begründen. Aber es ist trotzdem schade. Erstens verleiten diese halbszenischen Aufführungen immer zum Chargieren und Outrieren, und zweitens kann man ein so rares Werk eben nicht durchsetzen, wenn man gerade ihm eine Sparefroh-Behandlung angedeihen lässt.
Nächstes Jahr stehen Der Bettelstudent (Klassiker), Märchen im Grand Hotel (Revueoperette) und Der Sterngucker (Rarität) auf dem Programm.
Robert Quitta, Bad Ischl