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BAD ISCHL/Kaiservilla: TRAUM EINES ÖSTERREICHISCHEN RESERVISTEN von Carl Michael Ziehrer

20.08.2023 | Operette/Musical

BAD ISCHL/ KAISERVILLA : TRAUM EINES ÖSTERREICHISCHEN RESERVISTEN von Carl Michael Ziehrer

am 18.8.2023

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Blick von der Kaiservilla aus. Foto: Robert Quitta

Am 18.August hatte bekanntlich Kaiser Franz Joseph I. Geburtstag, der besonders in Bad Ischl immer gross gefeiert wurde. Diese historische Tatsache hat der Ischler Tourismus seit ein paar Jahren zum Anlass genommen, um auch die Woche davor als „Kaiserwoche“ mit vielen verschiedenen Veranstaltungen gebührend zu begehen. Den absoluten Höhepunkt dabei bildete heuer ein außergewöhnliches Ereignis: die ganz ganz ganz seltene Aufführung von Carl Michael Ziehrers „Traum eines österreichischen Reservisten“ von Carl Michael Ziehrer – direkt vor der wunderschönen Kaiservilla.

Der „Traum“ ist ein absolutes Unikat: er ist keine Operette, keine Oper, kein Melodram, keine Symphonie, er ist – wie der Untertitel sehr konkret ausdrückt – ein „Großes militärisches Tongemälde“. Er hat keine wirkliche Handlung (außer dass er eben ein „Traum“ ist), die Musik ist ein Potpourri von Kompositionen Ziehrers, aber auch anderer Komponisten, es gibt Märsche, es gibt Zigeunerweisen, es gibt Glocken, es gibt Kühe, es gibt Geräusche, es gibt Mühlengeklapper, es gibt einen Gewittersturm, es gibt eine Scwarzwälderuhr, es gibt Gewehrsalven, Vogelzwitscher und und und…

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Warten auf den Auftritt vor der Villa. Foto:Robert Quitta

Was soll ich sagen, es gibt diesen Traum in dieser Form wirklich nur einmal…Damit Sie sich aber ein ganz klein wenig selbst ein genaueres Bild machen können, sei hier die „Inhaltsangabe“ aus dem  Katalog des Weinberger-Verlags zitiert:

  1. Es ist Abend.
  2. Der Reservist arbeitet in der Schmiede.
  3. Eine wandernde Zigeunerbande zieht vorüber und kommt zur Schmiede und lässt ihre ungarischen Weisen erklingen.
  4. Eine heimkehrende Jagdgesellschaft zieht vorüber.
  5. Man hört das Geklapper der sich in der Nähe befindlichen Mühle.
  6. Die Landpost fährt vorüber.
  7. Kühe kommen von der Weide.
  8. Von der Dorfkirche hört man das Ave-Maria Läuten.
  9. Der Reservist macht Feierabend und schließt sich einem vorbeikommen Hochzeitszuge an, mit welchem er in die Schänke zieht.
  10. In der Schänke wird lustig gezecht und getanzt.
  11. Ein herannahender Gewittersturm unterbricht dieses fröhliche Fest, es beginnt zu regnen, unter Donner und Blitz eilt alles nach Hause.
  12. In der Familie des Reservisten wird das Abendgebet verrichtet. Alles begibt sich zu Ruhe, man hört noch das Pfeifen des Sturmes, die Schwarzwälderuhr schlägt Zwölf, der Reservist versinkt in Schlaf und fängt zu träumen an, dass er zu seinem Regiment nach Wien einberufen wird.
  13. Es träumt ihm, dass er mit der Bahn nach Wien fährt.
  14. Tagreveille in der Kaserne.
  15. Aufmarsch zum Manöver.
  16. Manöverscenen: Horn- und Trompetensignale, Gefechtsszenen, Gewehrsalven, Kanonendonner, Sturmangriff, Feuer einstellen!“, ‚Sammeln!“, Abmarsch nach Hause.
  17. Militärleiche, Glockengeläute, Trauermarsch, Volkshymne, Abmarsch.
  18. Eine Feldmesse in Parade auf der Schmelz: Messlied, Aufstellung zu Defilierung, Defilierung eines polnischen, steirischen, ungarischen, böhmischen und Wiener Regiments und Tiroler Kaiserjäger, Defilierung der Cavallerie und Artillerie.
  19. Nach der Beschäftigung eilt der Reservist in den Prater und hört sich ein Militärkonzert an.

Concert-Vorträge: 1. Wiener Bürger C.M. Ziehrer ,

  1. Athalia Overtüre“ von Mendelsohn,
  2. Phonographen Walzer“ C.M. Ziehrer
  3. „Phantasie“ aus Lohengrin R. Wagner,
  4. Weana Madl“ C. M. Ziehrer,
  5. „Weana nach’n alt’n Schlag“ Lied von Sialy,
  6. Hoch und Nieder“ Marsch C.M. Ziehrer.
  7. Man hört in der Kaserne die Retraite blasen, der Reservist eilt in die Kaserne und begibt sich zur Ruhe.
  8. Der Reservist wird plötzlich von seinem jüngsten Sprößling aus dem Schlaf gerissen und an seine Vaterpflichten gemahnt.
  9. Der Morgen bricht an, Vogelgezwitscher etc.
  10. Der Reservist begibt zur Arbeit in die Schmiede und hämmert lustig drauflos, froh, dass alles nur ein Traum war.

Sie sehen schon: das gab‘s nur einmal, das kommt ganz ganz selten wieder.

Schon allein deshalb, weil eine Aufführung Unmengen an Mitwirkenden erfordert. In Bad Ischl waren es nicht weniger als 250 (alle ehrenamtlich !), darunter gleich drei Musikkapellen: die Bürgerkapelle Bad Ischl, den Musikverein Pinsdorf und die Eisenbahner Stadtmusik Attnang-Puchheim (in derUniform der Zeit). Dazu kamen Schauspieler der Volksspielgruppe Bad Ischl und Bataillons wie die k.u.k. Leibgarde Infanteriekompanie, alles unter der Leitung des Gmundner Bezirkskapellmeisters Hannes Doblmair.

Natürlich muss man bedenken, dass es sich hier um Laien handelt, aber irgendwie machen ihre Leidenschaftlichkeit. Einsatzfreude und Freizeitopferungsbereitschaft ja auch gerade den Reiz dieser Art von k.und k. Oberammergau à la Habsburg aus.

Auf jeden Fall wird man diesen eindrucksvollen Nachmittag bei Kaiserwetter vor der Kulisse der Kaiservilla mit all seinen optischen und akustischen Reizen nicht so leicht vergessen.

Einziger Einwand: von mir aus hätte dieses große militärische Tongemälde noch viiiel länger dauern können. Und eigentlich sollte man diesen seltsamen Traum als eine Art Bad Ischler Jedermann jedes Jahr, zumindest am 18. August aufführen…

Robert Quitta, Bad Ischl

 

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