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AUGSBURG/ Martini-Park: FIDELIO. Ein Missverständnis!

23.05.2023 | Oper international

Augsburg / Martini Park: „FIDELIO“ – Premiere 21.05.2023

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Jonathon Stoughton, Sally du Randt. Foto: Jan Pieter Fuhr

Während seiner bisher langjährigen Sanierung des Staatstheaters Augsburg fand nun die Premiere von Ludwig van Beethovens einziger vollständig durchkomponierter  Oper „Fidelio“ in der Ausweichspielstätte Martini Park statt. Die Neugier auf das deutsche Rollendebüt des „Florestan“ unseres Wagner-Tenors am NT-Mannheim und bisher exzellenten Max, Erik, Siegmund, Parsifal etc. inspirierte  mich zur Reise nach Augsburg und Privatbesuch der Aufführung.

Der Intendant des Staatstheaters  André Bücker inszenierte selbst, gab davor in der lokalen Presse kund: Ich hatte um diese Oper bisher immer einen Bogen gemacht. Nun das hätte er auch besser künftig getan, denn das Resultat erwies sich als absolutes Missverständnis, wie der Regisseur während der Premieren-Feier selbst zugab ich bekam ja mein Fett ab!

Und wie, das erboste Publikum strafte zu Recht diesen verzapften Mist lautstark ab, sparte auch nicht mit Zwischenrufen wie aufhören – es ist genug etc. Wie kam es nun zu diesem Eklat? Bücker lebt(e) nun in der Einbildung man müsste die „gespreizten“ Original-Dialoge „biedermeierlich“ anmutend, durch sinnlose Sprechtexte eigenen Geistes ersetzen, welche Patrick Rupar zwar persönlich mephistophelisch-darstellerisch, tänzerisch gefordert rezitierte, gab u.a. textlich preis ich könnte kotzen – nun dem Publikum war danach längst schon vor der Pause zumute. Angesichts dieser überflüssigen störenden Monologe mit zusätzlichen Fremdgeräuschen verlor die Handlung an Spannung welcher der Regisseur ohnedies wenig entgegen zusetzen verstand. Die Bühne (Sina Barbra Gentsch) dunkel, wenige Accessoires, inmitten ein meterhoher goldener Totenschädel, rechts oben durch Gitterstäbe sichtbar allgegenwärtige Filmabläufe vergangener Epochen wie Paraden, Demos, Kriegsbildern etc. Die Kostüme (Katharina Weissenborn) ebenso fast ausnahmslos schwarz.

Nun war die Szene ohne Frage gegen den Strich gebürstet, waren auch die musikalischen Komponente nicht frei von Diskrepanzen. Nach der zunächst temperamentvoll nervös hingelegten Ouvertüre fand GMD Domonkos Héja allmählich zu trefflicher musikdramatischer Formation des Beethoven´schen Mikrokosmos. Schlank im Ton, weich federnd erklangen die Streicher, sauber intonierten die Holzbläser der Augsburger Philharmoniker. Zu dramatischer Wucht inspirierte jedoch der agile GMD seine Blechbläser-Fraktionen zu eruptivem Fortissimo in dieser  akustisch ungünstigen Spielstätte, weniger Knalleffekte wären auch  vorteilhafter den Sänger*innen  bekommen.

Insgesamt konnte das aufmerksam musizierende, orchestrale Ensemble trotz zuweilen ungewohnter Temporelation plausibel punkten.

Das langjährige Ensemble-Mitglied des Hauses der hochgeschätzten Künstlerin Sally du Randt übernahm die Leonore. Mit technischer Eleganz umschiffte ihr (zumindest an diesem Abend) spröder Sopran die Tücken der Extremhöhen, vermittelte ein glaubwürdiges Portrait dieser übermenschlichen Heldin mit enorm sängerdarstellerischem Einsatz.

Goooott welch´ Dunkel hier – strafte die Regie mit Lügen! Gleich einer Lichtgestalt strahlend weiss elegant kostümiert im Scheinwerferlicht erschien Florestan. Bar dieser Optik gerieten natürlich die textlichen Aussagen , die ergreifend-berührende  Verzweiflung des Todgeweihten völlig, geradezu unfreiwillig komisch, daneben. Ein unverzeihlicher Regie-Fauxpas. Von dilettantischer Dramaturgie nicht erlaubt vermochte es dennoch Jonathan Stoughton in bewundernswertem Vokalise  die Partie zu adeln. Sicher, absolut ausgeglichen, bestens timbriert entfaltete sich sein Heldentenor in das höhensichere himmlische Reich. Es ist immer wieder frappierend zu vernehmen, mit welcher Logizität der intelligente Sänger sein kräftiges wohlklingendes Stimmpotenzial flexibel zu differenzieren vermag, sich souverän in die Duette und Ensembles einfügte.

Mit klangschönem Soubretten-Sopran nahm Jihyun Cecilia Lee (Marzelline) für sich ein,  der hellstrahlende Tenor Roman Poboinyi (Jaquino) umwarb sie zunächst vergeblich. Sonore Bassklänge schenkte Avtandil Kaspeli dem gutmütigen Rocco. Gefährlich im Gehabe, stimmlich solide ließ Alejandro Marco-Buhrmester (Don Pizarro) seinen Bassbariton  erklingen. In alles überragender Gestalt, vokal weniger präsent brachte Wiard Witholt seinen Bariton ins Spiel.

Frei von falschem Pathos vereinten sich Opern- und Extrachor des Staatstheaters zu prächtigen finalen Jubeltönen. Schönstimmig vernahm man die Soli des 1. und 2. Gefangenen (George Aleksandria, Kihoon Han).

Lautstark und herzlich feierte das Publikum die musikalische Komponente und sparte nicht mit verdientem Contra für das Regieteam.

 

Gerhard Hoffmann

 

 

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