Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

ATHEN/ Pallas Theater: DIE DREIGROSCHENOPER – Brecht im Nirgendwo

11.03.2016 | Theater

Pallas Theater, Athen: Die Dreigroschenoper.  Premiere am 24. Februar, besuchte Vorstellung am 9. März

 Brecht im Nirgendwo

http://www.goethe.de/resources/files/jpg476/H_OPERA_THS_PENTARAS690x300.jpg
Copyright: Pallas Theater

 „Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill erfreut sich nicht nur im deutschsprachigen Raum grosser Beliebtheit. In Griechenland, wo seit den späten 1950er Jahren eine bemerkenswerte Brechtrezeption zu verzeichnen ist, war erst kürzlich „Leben des Galilei“ am Nationaltheater zu sehen. Aktuell präsentiert nun das traditionsreiche Pallas Theater, wo im letzten Frühjahr „Der kaukasische Kreidekreis“ gegeben wurde, eine Neuproduktion der „Dreigroschenoper“. Die umfängliche Promotion in den Medien und beachtliches Aufgebot an Schauspielern und Sängern weckten einige Erwartungen. Leider muss man feststellen, dass sich diese nicht erfüllt haben.

 Das Werk von Bertolt Brecht und Kurt Weill hat nichts von seiner Aktualität und Wirkung eingebüsst. Gerade im krisengeschüttelten Athen hätte man sich eine packende Interpretation gewünscht. Liegen doch gerade hier viele wirtschaftliche und soziale Probleme unserer Zeit ganz offen zu Tage. Die Geschichte vom Bandenchef Macheath, genannt Mackie Messer, und dem Bettlerkönig Jonathan Jeremiah Peachum hätte eine aktuelle Deutung sehr gut vertragen. Der Regisseur Yannis Houvardas und seine Ausstatterin Eva Manidaki entscheiden sich stattdessen dafür, die „Dreigroschenoper“ gleichsam in einem schwarzen Loch verschwinden zu lassen. Die Szenerie könnte von „Star Wars“ angeregt sein, erinnert doch das Einheitsbühnenbild an ein Raumschiff. Dazu passt auch der als Affe aufgemachte Ausrufer zu Beginn. Ansonsten orientieren sich die Kostüme eher am Film noir der 1940er und 50er Jahre. Impliziert dieser Zeitsprung eine Art Rückblick oder die Fortdauer eines alten „Mythos“ in die Zukunft hinein? Leider wird man aus Houvardas‘ Inszenierung, die unausgegoren wirkt, nicht schlau. Dass die Personenführung schwach und die Komik oft aufgesetzt wirkt, trägt dazu bei, dass sich während drei Stunden auf der Bühne keine Atmosphäre entwickeln will. Von einer packenden Interpretation des Klassikers ist diese Aufführung weit entfernt.

 Das 12-köpfige Orchester erledigt seine Aufgabe mit Anstand. Allzu viele Funken kann der Dirigent Thodoros Oikonomou allerdings nicht aus der Partitur schlagen. Wer nun dachte, die Akteure auf der Bühne könnten den Abend retten, sah sich getäuscht. Christos Loulis als Mackie Messer gibt ohne schillernde Geschmeidigkeit ein recht eindimensionales Porträt des Gangsters, zudem mit bescheidenen gesanglichen Fähigkeiten. Angelos Papadimitriou als Peachum kommt allzu betulich daher, während sich Karyofyllia Karampeti als Frau Peachum im Laufe des Abends steigern und zu einer stärkeren Rollengestaltung finden kann. Die Schauspielerinnen sind es überhaupt, die dem faden Spiel etwas Drive geben. Nadia Kontogeorgi als Polly zeigt eine gute Leistung, auch wenn ihre Stimme bisweilen piepsig klingt. Die fraglos beste Leistung erbringt Lydia Photopoulou als Jenny. Ihre Bühnenpräsenz macht Eindruck und der von ihr vorgetragene Salomon-Song ist der Höhepunkt des Abends. Überzeugend kommt auch Kika Georgiou als Lucy daher. Eher als Ausfall muss man Nikos Karathanos als Ausrufer und Polizeichef Tiger-Brown bezeichnen. Weder stimmlich noch darstellerisch kann er den Rollen Profil verleihen. Sein Vortrag der Moritat von Mackie Messer klingt, um es offen zu sagen, kläglich. Die übrigen Mitwirkenden agieren und singen auf solidem Niveau. Am Ende verlässt man eine Aufführung, die kaum im Gedächtnis haften bleiben wird.

 Ingo Starz

 

Diese Seite drucken