Onassis Stegi, Athen
The House of Trouble
Besuchte Vorstellung am 5. Mai 2023
Monotonie und Selbstdarstellung
Patricia Apergi und ihre Aerites Dance Company sind fester Bestandteil der Athener Tanzszene. Und Onassis Stegi ist einer der wichtigen Orte für zeitgenössischen Tanz in Griechenland. Angesichts der sehr bescheidenen staatlichen Fördermittel kommt der privaten, finanziell gut ausgestatteten Institution einige Bedeutung zu. Wie andere Künstler scheint auch Apergi mit ihrer Arbeit nach den Einschränkungen der Covid-Jahre auf einen lebensbejahenden Kommentar zur gegenwärtigen Situation zu setzen. Die Aerites Dance Company präsentiert „The House of Trouble“ auf der grossen Bühne des Kulturzentrums.
Patricia Apergi weist ihr Tanzstück im Untertitel als ein Preisen individueller Lebensentscheidungen an, ein Bekenntnis zu Diversität, Freiheit und Selbstbestimmung. Sie möchte verschiedene Aspekte – wie Kampf der Unterschiedlichen, Konflikt, Krieg, Zirkus, Utopie des Vergnügens und Zärtlichkeit – verhandeln und das Ganze als Party verstanden wissen. Man nimmt Apergi die Partystimmung, zu der Musik und Sound von Giorgos Poulios passen, ab, hat aber Mühe, die proklamierte Komplexität des Werks zu erkennen. Sicher, es tauchen Pistolen auf, die Gefahr und Konflikt markieren mögen, und zwei Tänzer finden zu einer clownesken Szene mit Pistolen zusammen. Es liesse sich mehr aufzählen. Was der Choreografin aber nicht gelingt, ist eine dramaturgisch überzeugende Gesamtkomposition. Der fast 75minütige Abend weist deutliche Längen auf und zerfällt in mehr oder weniger gelungene Einzelteile – und scheint so eher der Zufälligkeit des Lebens zu huldigen. Dabei ist auch der Tanz als solcher, der Elemente von Modern Dance, Streetdance und Tanztheater aufweist, nicht besonders interessant. Der Gang der TänzerInnen schaut nach Selbstdarstellung aus, die repetitiven Bewegungen konzentrieren sich oft auf Arme und Oberkörper und vermögen den Raum nicht recht zu füllen. Die Vielfalt des Lebens kommt in Apergis Choreografie ziemlich monoton daher.
Der mit Wänden von silbernen Kunststoffkissen begrenzte Raum von Evangelia Therianou schaut gut aus und Nikos Vlasopoulos sorgt für gute Lichteffekte. Dass das Leben auf der Bühne nicht an Dringlichkeit gewinnt, liegt an der Choreografie. Das Ensemble setzt sich voll ins Zeug: Sevasti Zafeira, Eleanna Zoi, Ilias Chatzigeorgiou, Fuerza Negra, Andrea Givanovitch, Caterina Politi und Melina Sofokleous. Man hätte sich mehr Trouble und auch mehr Inspiration gewünscht.
Das Publikum spendet am Ende herzlichen Applaus für die TänzerInnen und die Choreografin.
Ingo Starz (Athen)