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ATHEN/ Onassis Stegi: NEKYIA – Odysseus in der Unterwelt von Giannis Aggelakas

08.01.2024 | Theater

Onassis Stegi, Athen 

Nekyia 

Besuchte Vorstellung am 6. Januar 2024

Odysseus in der Unterwelt 

Orale Traditionen bestimmen Form und Überlieferung früher Literaturen. Homers Epos „Die Odyssee“ unterteilt sich in Gesänge, die in Versform gefasst sind. Es kommt darum nicht von ungefähr, dass dieses und ähnliche Werke immer wieder zum Gegenstand von Rezitationsabenden werden. Homers Sprache ist bildreich und rhythmisch, sie klingt. Und natürlich lässt sich das Sprechen, der Vortrag der „Odyssee“ auch szenisch gestalten. Der in Griechenland populäre Rockmusiker Giannis Aggelakas hat sich nun auf der Grossen Bühne von Onassis Stegi Homers Klassiker angenommen. Der Text erklingt in einer Übersetzung ins Neugriechische von Georgios Psychountakis. Aggelakas zeichnet sich für Konzept und Musik verantwortlich, die szenische Einrichtung hat der Choreograf Christos Papadopoulos vorgenommen.

Die nur 55-minütige Performance geht den 11. Gesang von Homers „Odyssee“ an. Es ist der Abschnitt, in dem Odysseus in den Hades hinabsteigt. Dort trifft er auf Seelen Verstorbener. Seine Mutter berichtet von Penelope, die in Treue auf den Helden und Gatten wartet, und vom Sohn Telemachos. Gefallene Helden berichten von verschiedenen Begebenheiten des Trojanischen Kriegs. Agamemnon etwa erzählt, wie er nach seiner Heimkehr von seiner Frau Klytämnestra und deren Liebhaber Ägisth heimtückisch ermordet wurde. In der Unterwelt durchdringen sich für Odysseus Momente der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Aggelakas hat für Homers Text eine relativ einfach daherkommende, den Text gleichsam verstärkende, elektronische Musik geschaffen. Es ist ein Soundteppich, der sich den Worten anschliesst. An wenigen Stellen treten weibliche Singstimmen hinzu. Aggelakas und Theodora Kapralou haben die Texte der liedhaften Momente verfasst. Sounddesign (Coti K.) und Lichtführung (Eliza Alexandropoulou) sind ausgeklügelt. Die Lichtkegel erhellen nicht nur momenthaft das Bühnendunkel, sondern verbinden immer wieder auch Bühne und Auditorium. In einer installativen Anordnung, die offenkundig das Werk von Papadopoulos ist, sprechen Aggelakas und Olia Lazaridou den Text. Gut intoniert kommt Homer über die Rampe. Drei Musiker und vier Sängerinnen flankieren die Sprechakte auf der Bühne. Es ist eine Performance, die zum genauen Hinhören verführt, die Worten Nachhall verleiht.

Viel Beifall für alle Beteiligten und rechte Begeisterung für Giannis Aggelakas am Schluss der Aufführung. 

Ingo Starz (Athen)

 

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