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ATHEN/ Onassis Stegi: HEATWAVE von Yiannis Panagopoulos. Momente eines Hitzetags

14.04.2024 | Theater

Onassis Stegi, Athen : Heatwave von Yiannis Panagopoulos

Besuchte Vorstellung am 13. April 2024

Momente eines Hitzetags 

Ingo Starz (Athen)

yanni
Foto: Pinelopi Gerasimou

Es ist ein sommerlicher Hitzetag, der schnell vergeht. Auf der Kleinen Bühne von Onassis Stegi sind es nur gut 80 Minuten, in denen Momente, Fragmente eines solchen Tags an den Zuschauern vorüberziehen. Der Regisseur Yiannis Panagopoulos hat mit „Heatwave“ eine Performance geschaffen, die auf Kurzgeschichten von Vivian Stergiou basiert. Es geht ihm darum, Augenblicke zu zeigen, die unterschiedliche Aspekte griechischen Sommeralltags verhandeln. Auf einen straff gezogenen Handlungsfaden verzichtet Panagopoulos. Er zeichnet vielmehr Miniaturen, die vom Tourismus bis zur Familie und weltgeschichtlichen Ereignissen wesentliche oder banale, in jedem Fall aber prägende, erinnerungswürdige Erfahrungsmomente streifen. Es ist ein verspielter Abend, der auch auf Tiergestalten zurückgreift. Es ist dann in solchen Szenen, als ob die Hitze des Tags beinahe mythische Begegnungen, Erfahrungen auslöst. Mal kommt die Aufführung komisch und direkt, mal poetisch und symbolisch daher. Eine griechische Kritikerin fand die Performance kitschig. Die Aufführung spielt sicherlich mit dem Kitsch des Alltags, dem keiner leicht entkommt. Kitschig ist „Heatwave“ aber darum keineswegs. Die Splitter von Alltagserfahrungen entwerfen ein humorvolles, lose umherirrendes Geschehen. Das Versatzstückhafte des Abends hat Methode.

Die Ausstattung von Dimos Klimenof unterstreicht den beschriebenen Charakter der Aufführung. Sie schaut wie ein Sammelsurium an Erinnerungen aus: Hier ein Stückchen Sand, dort eine Bude voller Fotos und Gegenstände. Performance und Bühnenbild wollen nicht eine Handlung erklären oder veranschaulichen, sie gestalten kurz aufscheinende Erinnerungsräume. Bei diesem Vorgehen kommt der Musik und dem Sound (Jeph Vanger) eine nicht unwichtige Rolle zu. Yiannis Panagopoulos ist selber auf der Bühne. Er und seine Mitspieler Ioannis Bastas, Anastasia Delta, Giannis Karabas, Zoe Mylonas und Natasa Sfendylaki schaffen gekonnt eine Stimmung, in der Worte und Dinge sanft dahingleiten, sich manchmal zu längerer Erzählung verdichten und ein anderes Mal etwas plötzlich auftaucht oder verschwindet. „Heatwave“ präsentiert eine Collage, Erinnerungen an einen Hitzetag in Griechenland. Es ist als ob man in ein altes Photoalbum blicken würde. Jeder findet sich darin wieder. Und ja, manches schaut aus der zeitlichen Distanz recht kitschig aus. 

Das Publikum spendet am Schluss langen Beifall.

Ingo Starz (Athen)

 

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