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ATHEN/ Olympia Städtisches Theater Maria Callas: DER PATENSOHN. Operette von Theophrastos Sakellaridis

29.12.2022 | Operette/Musical

Olympia Städtisches Theater Maria Callas: Der Patensohn von Theophrastos Sakellaridis

Besuchte Vorstellung am 28. Dezember 2022

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Das Athener Olympia-Theater, welches bis 2017 die Nationaloper beherbergte, versucht sich seit ein paar Jahren neu zu erfinden. Es soll, das ist zumindest die Idee, ein zweiter Ort für Musiktheater sein, man könnte auch sagen ein Stadttheater. Da das Budget sehr bescheiden ist, arbeitet man vor allem mit bereits existierenden städtischen Musikformationen. Das Ergebnis ist ein kunterbunter Mix von Veranstaltungen, die weit mehr als Musiktheater abdecken. Zwischen einer konzertanten Opernaufführung zu Saisonbeginn und einer Gluckoper im März gibt es zum Jahresschluss die populärste griechische Operette: Theophrastos Sakellaridis‘ „Der Patensohn“. Noch vor wenigen Jahren wurde dasselbe Werk an diesem Ort von der Nationaloper dargeboten – in einer Inszenierung, die ironisch auf die turbulente Verwechslungsgeschichte blickte. 

Turbulent ist das Geschehen, das in den Balkankriegen kurz vor dem Ersten Weltkrieg angesiedelt ist, auch in der aktuellen Produktion. Statt Ironie setzt der Dirigent und Regisseur George Petrou aber lieber auf knallige Gags und Effekte. Seine Inszenierung gibt, um es bildlich auszudrücken, dem Affen überreichlich Zucker. Die Ausstattung von Giorgina Germanou zeigt sich opulent, was die Kostüme betrifft, und eher spartanisch, wenn es um die Raumgestaltung geht. Schiebewände mit Tapetenmustern und ein wenig Mobiliar markieren die Räume eines herrschaftlichen Hauses. Petrou versucht erst gar nicht die Operette einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Soldatentum und Patriotismus gäben durchaus Futter hierfür her. Er macht aus der sich permanent fortsetzenden Verwechslungsgeschichte um einen vermeintlichen Patensohn einen recht derben Schwank. Das französische Flair der Handlung verschwindet hinter überzogener, lauter Komik. Dass hier jeder jeden oder jede jeden hintergeht, wird wohl dargestellt, nur gewinnen die Figuren keinerlei Tiefe, weil der Regisseur diese nur schablonenhaft zeichnet. Sakellaridis‘ Operette wird zur seichten Unterhaltung. Leider klingt das Athener Sinfonieorchester nur wie ein gutes Kurhausensemble. Unter George Petrous Leitung hört man wenig klangliche Differenzierung und zu viel Knalleffekt. Der städtische Chor (Einstudierung: Stavros Beris) tritt in kleiner Besetzung auf, was ihm nicht eben viel klangliches Gewicht gibt. 

Dank den Sängerinnen und Sängern kommt der Abend letztlich doch einigermassen gut über die Runden. Es ist eine wirklich gute Besetzung, die von Tassis Christoyannis angeführt wird. Der international renommierte Bariton glänzt als Hauptmann. Wenn er ob all der verordneten derben Spässe einmal zu lachen beginnt und somit aus der Rolle fällt, ereignet sich wohl der beste szenische Moment der Aufführung. Chrysa Maliamani als Vivika und Martha Sotiriou als Kiki sorgen für guten Sopranklang. Ihr Duett ist ein Höhepunkt des Abends. Dimitris Paksoglou als Harmidis setzt mit dramatisch grundierter Tenorstimme markante Momente, der Bariton Haris Andrianos als Zacharoulis überzeugt mit flexibler Stimmführung. Thanasis Tsaltabasis tritt als Kortasis, der echte Patensohn, auf. Leider ist die Figur von der Regie allzu dümmlich gezeichnet. Weiterhin agieren auf der Bühne Konstantinos Triantakonstantis als Martis, Stamatis Pakakis als Mimis, Yannis Maniatopoulos als Roma, Antonis Dimou als Schneider sowie die Tänzer Dimitra Antonaki und Antonis Strouzas

Die Zuschauer spenden am Ende der deftig präsentierten Operette ziemlich begeisterten Beifall. Derlei Unterhaltung findet fraglos immer ein Publikum. 

Ingo Starz (Athen)

 

 

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