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ATHEN/ Olympia/Städtisches Musiktheater „Maria Callas“: FIDELIO. Konzertant „Freiheit für Griechenland“

13.10.2024 | Oper international

Olympia – Städtisches Musiktheater „Maria Callas“

Ludwig van Beethoven: Fidelio 
Konzertante Aufführung am 12. Oktober 2024
Freiheit für Griechenland 

Das Städtische Musiktheater eröffnet seine Saison, mit der die Amtszeit von Tassis Christoyannis als Direktor beginnt, an einem historisch bedeutsamen Tag. Genau 80 Jahre zuvor, am 12. Oktober 1944 endete die deutsche Besatzung Athens. Die rund dreijährige Gewaltherrschaft der Deutschen hatte viele Griechen das Leben gekostet und ist bis heute tief verankert in der kollektiven Erinnerung. Es ist darum kein Zufall, sondern eine sehr bewusste Entscheidung, an diesem Tag Ludwig van Beethovens „Fidelio“ in einer konzertanten Aufführung auf den Spielplan zu setzen. 

Im August des Jahres 1944 wurde „Fidelio“ im Odeion des Herodes Attikus szenisch dargeboten. Das geschah zu einem Zeitpunkt, als die Nazis noch die griechische Bevölkerung tyrannisierten. Diese Opernproduktion ging aus zwei Gründen in die Geschichte ein. Der eine betrifft die Besetzung: Die blutjunge Maria Callas – noch bevor sie den Namen Callas trug – erschien in der Rolle der Leonore auf der Bühne. Der andere Grund ergibt sich aus den Publikumsreaktionen. Die Befreiungsoper Beethovens rief kaum überraschend Freiheitsrufe auf griechischer Seite hervor. Die „Fidelio“-Aufführung des Jahres 2024 erinnert – unterstützt durch Projektionen historischen Bildmaterials auf einem Screen hinter dem Ensemble – in gelungener und nachdenklich machender Weise an diese Ereignisse des Jahres 1944. In diesem Zusammenhang ist es auch verständlich, dass die Oper in griechischer Sprache gegeben wurde.

Konzertante Aufführungen haben öfters das Problem, das die Probenzeit recht beschränkt ist. Dies macht sich umso mehr bemerkbar, wenn ein Werk vor Ort weniger geläufig ist. Das Nationale Rundfunkorchester ERT unter der Leitung von Konstantinos Terzakis spielt engagiert, das Klangbild gerät spannungsvoll, offenbart aber ein paar Schwächen in Intonation und Zusammenspiel. Der Dirigent erzielt Bemerkenswertes in rhythmischer Hinsicht, während die dynamische Gestaltung der Aufführung bisweilen in Ansätzen stecken bleibt. Mehr Proben hätten dieses Manko wohl beheben können. Ähnliches lässt sich über den von Michalis Papapetrou und Stavros Beris einstudierten Chor sagen, der sich aus den Formationen von ERT und Stadt Athen zusammensetzt. Klanglich bleibt manches zu pauschal.

Die Sängerbesetzung bietet auf’s Ganze gesehen eine gute Leistung. Dimitris Tiliakos als Don Pizzaro erweist sich als der mit Abstand beste Gestalter. Sein Bariton vereint dramatische Durchschlagskraft, Farben und Wärme. Dimitris Paksoglou als Florestan weiss mit gut geführter Stimme und sicherer Höhe zu beeindrucken, gestalterisch ist noch Luft nach oben. Der Rocco von Petros Magoulas überzeugt mit warmem, beweglichem Bass. Marilena Striftobola gibt eine wohlklingende, absolut rollendeckende Marzelline, während der wohlklingende Jaquino von Nikolas Maraziotis etwas Kontur vermissen lässt. Solide ist Yannis Selitsaniotis als Don Fernando. Mary-Ellen Nesi als Leonore erweist sich leider eher als Schwachstelle der Besetzung. Zu wenig gestalterische Details, beschränktes Volumen und harte Spitzentöne ergeben ein wenig überzeugendes Rollenporträt. Leonore bleibt einem an diesem Abend einigermassen fremd.

Das Publikum spendet am Schluss sehr freundlichen Beifall mit einzelnen Bravorufen.

Ingo Starz (Athen)

 

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