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ATHEN/ Odeon of Herodes Atticus: NORMA. Norma als Ode an Maria Callas 

29.08.2023 | Oper international

Odeon of Herodes Atticus: NORMA

Premiere am 28. August 2023

Norma als Ode an Maria Callas 

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Joyce El Khoury. Foto: Instagram

In Griechenland und überall in der Welt gedenkt man mit zahlreichen Veranstaltungen Maria Callas, deren Geburtstag sich im Dezember zum hundertsten Mal jährt. Zum Ende der Sommerpause sind im Odeon des Herodes Attikus zwei Aufführungen von Vincenzo Bellini’s Oper „Norma“ zu erleben. Die Callas feierte in dieser Rolle Triumphe und das römische Gemäuer am Abhang des Akropolishügels ist fraglos kein schlechter Ort um dieses Werk zu präsentieren. Die Produktionsfirma Lykofos, die hierfür mit dem Griechischen Fernsehen ERT zusammenarbeitet, zeichnet sich für die Aufführungen verantwortlich und hat den Regisseur Tom Volf mit der Inszenierung betraut. Volf hat mit seinem Dokumentarfilm „Maria by Maria“ für einige Aufmerksamkeit gesorgt und sich als Callas-Fan geoutet. Mit Monica Bellucci hat er ferner einen Abend mit Briefstellen und Erinnerungen der Callas gestaltet. Wie geht Tom Volf an die Geschichte der Druidenpriesterin Norma heran?

Wohl angeregt durch Medea-Aufführungen mit Maria Callas und den antiken Raum hat Volf die Handlung in der im Libretto angegebenen Zeit belassen, also im ersten vorchristlichen Jahrhundert. Die Bühnenrückwand erlaubt wirkungsvolle Auftritte und Abgänge durch das Mittelportal, linkerhand zeigt die Szene das durch einen mächtigen Baum markierte Druidenheiligtum, zur Rechten bieten vermeintliche Steinblöcke unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten. Im mittleren Bühnenraum findet sich ein in den Orchestergraben vorgezogener Bereich, der sich akustisch vorteilhaft für prominente Handlungsmomente anbietet. Was Tom Volf dem Publikum vor Augen führt, ist schwerlich als Interpretation zu bezeichnen. Der Regisseur schafft einen Raum für Norma oder besser für eine als Diva in Szene gesetzte Sängerin. Deren Gesten, wie die hochgerissenen Arme, verweisen mehr als einmal auf die Rollendarstellung der Callas. Ein bisschen Reenactment schwingt also mit. Darüber hinaus arrangiert Volf Tableaus, welche die Geschichte ohne gedankliche Umschweife erzählen. Ausstattung (Yiannis Metzikof und David Negrin) und Choreografie (Ersie Pittas) unterstützen die Intention des Regisseurs. 

Am Pult des ERT Sinfonieorchesters steht mit Eugene Kohn ein erfahrener, altgedienter Dirigent. Er hat im Jahr 1971 die Masterclass von Maria Callas an der Juilliard School am Piano begleitet. Es ist also kein Zufall, dass man gerade ihn nach Athen eingeladen hat. Mit ordnender Hand führt er Orchester und Sänger sicher durch den Abend. Dass die Streicher bisweilen etwas unterbelichtet bleiben, mag der Raumakustik geschuldet sein. Ein paar musikalische Nummern geraten ein wenig konturlos. Das berühmte Duett Norma-Adalgisa „Mira, o Norma“ ruft nach klanglichen Gesten, Temporückungen, die man nicht zu Gehör bekommt. Der gemischte Chor „Fons Musicalis“ tritt mit etwa 40 SängerInnen an und erbringt eine ganz solide Leistung.

Sängerisch bietet die Athener Aufführung fast alles, was man sich als Zuschauer wünscht. Joyce El-Khoury ist eine beeindruckende Norma. Bereits in der berühmten „Casta Diva“-Arie zeigt sie die grossen Qualitäten ihrer Stimme, eine vorbildliche Pianokultur, einen schönen Ton mit dramatischem Kern und sauber ausgeführte Verzierungen. El-Khoury liefert ein famoses Rollendebüt ab. Ihre Stimme harmoniert gut mit derjenigen von Theresa Carlomagno, welche die Adalgisa singt. Diese überzeugt mit Ihrem biegsamen, dramatischen Mezzosopran. Der junge Bass Sava Vemić setzt als Oroveso mit seiner wohlklingenden und sicher geführten Stimme starke Akzente. Das Problem der Besetzung ist Mario Frangoulis als Pollione. Sein Tenor ist in der Höhe gefährdet, wovon abgerissene Töne zeugen, und unflexibel in der Klanggestaltung. Man bekommt von ihm leider viele rauhe, unschöne Töne zu hören. Alexander Marev zeigt als Flavio eine gute Leistung.

Norma ist nur zweimal im Athener Odeon des Herodes Attikus zu erleben. Der grosse Aufwand hat sich dank der genannten Sängerleistungen gelohnt. Es ist trotz Schwächen eine beeindruckende Aufführung. Das Publikum im vollbesetzten Halbrund zeigt sich begeistert und feiert die Beteiligten. Joyce El-Khoury wird ganz zu Recht am lautesten bejubelt.

Ingo Starz (Athen)

 

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