Megaron – The Athens Concert Hall
Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino/Daniele Gatti
Besuchtes Konzert am 1. März 2023
Gepflegt und routiniert
Das Athener Konzerthaus hat es mit seinen kurzen Planungszeiten nicht einfach, grosse Orchester in die griechische Hauptstadt zu bringen. Das Programm wird derzeit quartalsweise angekündigt. An den beiden ersten Märztagen spielt das Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino im Megaro Mousikis auf. Man kennt das Orchester für gewöhnlich mehr wegen seiner Opernauftritte. Es war vielleicht auch mehr der Solist des ersten Abends, der Neugierde weckte. Rudolf Buchbinder hatte sich mit dem italienischen Orchester und Daniele Gatti zu einem Beethoven-Programm eingefunden. Das Konzert stand etwas im Schatten der traurigen Ereignisse der vorangehenden Nacht und der verhängten Staatstrauer. Das Konzert begann darum mit einer Schweigeminute für die Opfer des Zugunglücks in Mittelgriechenland.
Der erste Teil des Konzerts gehörte in gewissem Sinne Rudolf Buchbinder. Das Orchester und er spielten das vierte Klavierkonzert G-Dur, op. 58 von Ludwig van Beethoven. Schon mit dem Piano des Klaviers zu Beginn tat er intensiv und klangvoll seinen Willen zur Interpretation kund. Buchbinder überzeugte in allen Belangen, zeigte formidables expressives Figurenwerk, Triller, chromatische Läufe. Wenn es dennoch nicht zu einem wirklichen, durchpulsten Dialog zwischen Orchester und Klavier kam, dann lag das am uninspirierten Dirigat Daniele Gattis. Eher behäbige Tempi, routiniert gestaltete Abläufe, kaum drängende musikalische Gebärden – all das führte zu einem starren, dem korrekten Spiel verpflichteten Orchesterklang. Ein beredter Dialog zwischen Klangkörper und Soloinstrument stellte sich so leider nicht ein. Das überzeugende Spiel von Buchbinder stiess leider nicht auf den gewünschten Widerhall. Der Pianist gab als Zugabe Franz Schuberts Impromptu op. 90, Nr.4. Er präsentierte das Stück virtuos und beredt.
Der zweite Teil des Konzerts brachte eine Aufführung von Beethovens vierter Sinfonie B-Dur, opus 60. Sicher das Orchester zeigte eine gute Leistung, insbesondere in den Bläsergruppen. Das Dirigat von Daniele Gatti fiel aber auch hier zu pauschal und routiniert aus. Von den Erkenntnissen historischer Aufführungspraxis war tatsächlich nichts zu spüren. Die Kontraste der Partitur – im ersten Satz zwischen klagendem Ton und überschäumender Vitalität, im zweiten zwischen Melodie und Rhythmus oder im letzten Satz zwischen gesanglicher Linie und instrumentaler Fläche – wurden in Gattis Interpretation eingeebnet, was zu einem eher starren, zu wenig motorischen Klangbild führte. Auch mangelte es an Präzision in den Streichern in den schnellen Passagen des dritten und vierten Satzes. Der Dirigent entwarf ein recht aus der Zeit gefallenes Beethovenbild. Es stellte sich eine gewisse Langeweile ein.
Das Publikum spendete am Schluss anhaltenden Beifall für die beteiligten Künstler.
Ingo Starz (Athen)