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ATHEN/ Megaro Mousikis: MEGARON UNDERGROUND – „DAS EXPERIMENT“

Unter Beobachtung

04.12.2018 | Theater

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Megaro Mousikis / „Megaron Underground“, Athen

Das Experiment

Besuchte Vorstellung am 2. Dezember 2018

Unter Beobachtung

Das Athener Musikzentrum vermehrt nach Jahren der krisenbedingten Sparmassnahmen wieder seine Aktivitaeten. Im weitlaeufigen Konzert- und Kongresskomplex finden nun auch Ausstellungen statt, welche die immense Ausdehnung desselben eindrucksvoll fuer ihre Dramaturgie nutzen. Darueber hinaus wird ein in den Tiefen des Untergrundes, nur von der Tiefgarage aus zugaenglicher Theaterraum endlich wieder bespielt: ‚Megaron Underground“ bietet gerade fuer experimentelle Theater- oder Musikproduktionen interessante Moeglichkeiten und dazu noch das Flair einer Industriehalle. Das stellt einen reizvollen Kontrast zum eher pompoesen Konzerthaus dar. Im Underground wird nun das Stueck „Das Experiment“ von Zeti Fitsiou gezeigt.

In dem knapp siebzigminuetigen Werk wird ein wissenschaftliches Experiment verhandelt, in welchem eine Familie abgeschottet von der Welt von einem Wissenschaftler permanent beobachtet wird. Es ist klar, dass sich dabei interessante Fragen stellen: Wie lebt es sich in einer transparenten, also einsehbaren Wohnkugel (so naemlich sieht das aus, was man auf der Buehne zu sehen bekommt)? Welche Erfahrungen werden dort den Familienmitgliedern zuteil und wie reagieren sie auf diese spezifische Situation, welche sie zu Teilchen in einem wissenschaftlichen Experiment macht? Es ist kaum ueberraschend, dass das Stueck sich auf die entstehenden Spannungen konzentriert und die Konstellation von Vater, Mutter und Sohn in unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Leider kommen, vielleicht auch wegen der Kuerze des Ganzen, die grossen Fragen, die sich angesichts eines solchen Laborversuchs stellen koennten, zu kurz. Der Text bleibt zu sehr an den Personen haften und entwickelt kaum Verbindungen zwischen Aussen- und Innenwelt, zwischen dem Wissenschaftler und seiner Assistentin auf der einen und der Familie auf der anderen Seite. Am Schluss enflieht der Sohn der unmenschlichen Laborsituation und der Zuschauer bleibt etwas ratlos mit der Frage zurueck, was uns das nun alles sagen soll. Dem Stueck fehlt es entschieden an Tiefgang, weshalb sich die Aufmerksamkeit des Betrachters notgedrungen mehr auf Spiel und Szene fokussiert.

Dem Regisseur Andreas Flourakis ist es, das muss man positiv hervorheben, gelungen, ein ebenso lebendiges wie heiter-boeses Spiel auf die Buehne zu setzen. Treffsicher setzt er die Akzente und weiss die Figuren gut zu fuehren. Als aeusserst hilfreich erweist sich dabei das faszinierende Buehnenbild, welches vor uns hinter einem transparentem Tuch und mit Videoeinspielungen versehen eine ganz eigene Lebenswelt erstehen laesst. Christoforos Konstas und Christos Manganas haben hier ausgezeichnete Arbeit geleistet. Grosses Lob geht auch an das Lichtdesign von George Tellos und die atmosphaerisch starke Musik von Stavros Gasparatos. Auf der Ebene von Szenenbild und Sound ist dieses Experiment durchaus geglueckt. Dies auch deshalb, weil sich das Setting perfekt in den hohen, industriell anmutenden, gleichsam in Beton gegossenen Raum einfuegt.

Die Darsteller Fay Ksila, Myrto Alikaki, Petros Lagoutis, Menelaos Hazarakis und Konstantinos Elmatzioglou machen ihre Sache recht gut, ohne allerdings den Figuren wirklich Tiefenschaerfe verleihen zu koennen. Fuer letzteres haette es, wie bereits zuvor bemerkt, einer anderen Textgrundlage bedurft. Erfreulich ist es in jedem Fall, dass dieser interessante Theaterraum wieder genutzt wird. In Anbetracht der visuellen und klanglichen Seite des Abends darf man gespannt sein, was nachfolgen wird. Die dort stattfindenden Experimente duerfen noch an Interessantheit zulegen.

 

Ingo Starz

 

 

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