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ATHEN/ Megaro Mousikis: LEONORE von Ludwig van Beethoven (halbszenisch). Eine kammermusikalische „Leonore“

31.10.2017 | Oper

Megaro Mousikis, Athen: LEONORE von Ludwig van Beethoven (halbszenisch) am 30. Oktober2017

Eine kammermusikalische Leonore

Das Athener Musikzentrum Megaro Mousikis hat seit seinen Anfängen immer wieder konzertante wie szenische Musiktheaterproduktionen in seinem Programm. In den Jahren der Krise nahm die Programmvielfalt leider kontinuierlich ab. Neuerdings ist zudem mit dem von Renzo Piano konzipierten Opernhaus die Konkurrenzsituation vor Ort erheblich grösser geworden. Grossartig ist es freilich, wenn das Programm des Megaro Mousikis den Spielplan der Nationaloper sinnvoll zu ergänzen weiss. Mit dem Gastspiel des Freiburger Barockorchesters unter der Leitung von René Jacobs ist genau dies geschehen und bestens gelungen: Dargeboten wurde Ludwig van Beethovens „Fidelio“ in der Urfassung von 1805, betitelt „Leonore“. Ein Vorzug dieser Fassung ist die komplexere Darstellung der Figurenkonstellation.

René Jacobs entlockte dem ausgezeichneten Freiburger Klangkörper einen Farbenreichtum und eine spielerische Phantasie, die einen staunen liess. Jede Orchesterstimme kam gebührend zur Geltung, von der Solo-Violine bis zur Solo-Trompete. Der Klang war durchgehend transparent und wahrlich makellos. Als Chor fungierte die Zürcher Singakademie, die von Florian Helgath bestens auf die Aufgabe vorbereitet worden war. Volumen und Schönheit des Klangs, stimmliche Flexibilität und Reinheit der Intonation: In allem konnte der Chor trefflich punkten. Insbesondere das Finale geriet, nein klang ganz hervorragend. Orchester und Chor fanden unter Jacobs Leitung zu einer eindrücklichen Gesamtleistung.

Beethovens „Leonore“ wurde halbszenisch aufgeführt. Im Falle des Megaro Mousikis bot sich auf dem grossen Orchesterpodium reichlich Platz für szenische Aktion. Das Geschehen fand, betrachtete man die Kleidung, in der Gegenwart statt. Die Aktionen waren minimalistisch gehalten, erreichten aber gerade darum eine gute Wirkung. Der Chor agierte hinter oder seitlich neben dem Orchester, während die Solisten so ziemlich überall zu finden waren, auch zwischen den Musikern. Das Ganze wirkte ungemein erfrischend, weil ohne aufgeblasene Operngesten dargeboten. Und musikalisch bewährte es sich erst recht, weil die Beiträge aller Beteiligten klanglich wunderbar verschmolzen: Man wurde als Zuhörer einer kammermusikalischen Auffassung des Werks gewahr, die alle instrumentalen und vokalen Stimmen in schönster Weise interagieren liess.

Für eine Opernaufführung, insbesondere für eine so konzeptuell erdachte wie diese, ist eine gute (und richtige) Auswahl an Solisten von entscheidender Bedeutung. Und man hatte dabei ein gutes Händchen bewiesen, mit frischen und eher lyrischen Stimmen, die sich zu einem erstklassigen Ensemble zusammenfügten. Fraglos führte Marlis Petersen, die in Athen lebt, mit ihrem bestens geführten, farbenreichen Sopran das Ensemble an. Vollauf überzeugen konnten aber auch Dimitry Ivashchenko als Rocco, Robin Johannsen als stimmschöne Marzelline, Tareq Nazmi als Don Fernando und Johannes Weisser als Don Pizarro. Besonders hervorzuheben ist die Leistung von Johannes Chum, der nicht nur den Jaquino sang, sondern auch noch als Florestan für den erkrankten Maximilian Schmitt einsprang. Er machte seine Sache wirklich sehr gut. Am Ende der knapp dreistündigen Aufführung war das Publikum begeistert – völlig zurecht.

Ingo Starz

 

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