Megaro Mousikis, Athen: Kiss me Kate
Premiere am 4. Oktober, weitere Vorstellungen bis 11.10.
Schlag‘ nach bei Shakespeare!
Schlussapplaus nach der Premiere
Zu Saisonbeginn beweist das Athener Musikzentrum Megaro Mousikis eindrücklich, dass es mehr ist als nur ein Gastspielort für Orchester, Sänger und Instrumentalisten. In Zusammenarbeit mit dem Orchester Armonia Atenea bringt es Cole Porters unvergängliches Musical „Kiss me Kate“ auf die Bühne der Alexandra Trianti Hall. Trotz kurzem Vorlauf und bescheidenem Budget gelingt eine in fast jeder Hinsicht gelungene Aufführung. Die Geschichte vom Theaterproduzenten Fred Graham, der Shakespeares Komödie „Der Widerspenstigen Zähmung“ inszeniert, sich und seine Ex-Frau Lilli Vanessi in den Hauptrollen als Petrucchio und Katharina besetzt und so allerhand Verwicklungen auslöst, überzeugt dramaturgisch bis heute. Und eines hat dieses Erfolgsstück aus dem Jahr 1948 den heutigen Musicals ohnehin voraus: In „Kiss me Kate“ folgt ein Ohrwurm auf den anderen, entsteht ein charaktervolles Klangbild zwischen Broadway und Italianità.
Die schwungvolle Musik, die bekannte Songs wie „Wunderbar“, „Bianca“ oder „Schlag‘ nach bei Shakespeare“ bereithält, wird von der Armonia Atenea unter der Leitung von George Petrou überzeugend und farbenreich dargeboten. Die Bläsersoli gelingen sauber und das Klaviersolo bleibt nachhaltig in Erinnerung. Ebenso nimmt die szenische Einrichtung für sich ein, die der Dirigent zusammen mit dem Bühnenbildner Paris Mexis vorgenommen hat. Unterstützt wurden sie von der Kostümbildnerin Alexia Theodoraki und dem Choreografen John Todd. Mit simplen, aber wirkungsvollen Prospekten werden Hinterbühne und italienische Piazza in Szene gesetzt. Gezeigt wird, und das ist ein schöner Einfall der Regie, wie Porters „Kiss me Kate“ auf die Bühne gebracht wird. Ohne grossen technischen Aufwand kommt dank starker theatraler Momente die Handlung zügig in Gang. Allein die Tanzszenen weisen gewisse Längen auf, da es Todds Choreografie bisweilen an Originalität mangelt (oder dem Ensemble an tänzerischem Leistungsvermögen). Die Inszenierung beweist in jedem Fall, dass Musical auch grossartiges Theaterspiel bedeuten kann.
Im Megaro Mousikis hat sich ein beachtliches Ensemble zusammengefunden. Haris Andrianos als Fred Graham / Petrucchio zieht nicht nur die Fäden des Theaters auf dem Theater, er bildet mit seinem sonoren Bariton auch das Zentrum des musikalischen Geschehens. Irini Karagianni als Lilli Vanessi / Katharina setzt mit kraftvollem Sopran und nuanciertem Spiel dagegen. Das zweite Paar auf der Bühne – Nadia Kontogiorgi als Lois Lane / Bianca und Iasonas Mandylas als Bill Calhoun / Lucentio – ist nicht minder überzeugend. Sind es bei ihr die stimmlichen Mittel, die der Figur lyrisches Format verleihen, so sind es bei ihm die tänzerischen, die sich eindrucksvoll in einem klassischen Ballettsolo erweisen. Famos vermochte dieses Darstellerquartett den Liebenden unterschiedliche Charaktere einzuhauchen.Kostas Voutsas als Harry Trevor / Baptista, Haris Romas als General Harrison Howell sowie Dimitris Nalbantis und Thanasis Alevra als Gaunerpaar sorgen für markantes Spiel und komödiantische Akzente. Alle weiteren Beteiligten, Choristen und Tanzensemble, fügen sich mit den genannten Akteuren zu einem stimmigen Ensemble zusammen. Es mag nicht alles perfekt über die Rampe kommen – und der Technik hätte man bei der Verstärkung der Stimmen weniger Aussetzer gewünscht -, Charme und musikalischen Drive hat es allemal.
Megaro Mousikis und Armonia Atenea präsentieren eine bemerkenswerte Musicalaufführung, die Lust auf mehr solcher Produktionen weckt. Das Publikum dankt mit begeistertem Beifall. Ein sehr guter Start in die Saison.
Ingo Starz