Megaro Mousikis, Athen
Kino mit Live-Musik: Goldrausch
Konzert am 2. März
Grosse Filmoper
Konnte man im Januar den deutschen Stummfilmklassiker „Nosferatu“ mit Live-Musik im Athener Megaro Mousikis bewundern, so stand nun Charlie Chaplins Meisterwerk „Goldrausch“ (The Gold Rush) auf dem Programm. Die gute gefüllte Alexandra Trianti Hall zeigte, dass das hiesige Publikum diese Programmschiene zu schätzen weiss. Der Film, welcher den Aufstieg eines einsamen Goldgräbers zum Multimillionär und glücklich Liebenden darstellt, zeigt einige der besten Szeneneinfälle des Regisseurs und komisch-traurigen Darstellers Charlie Chaplins, der natürlich in der Hauptrolle agiert. Erinnert sei etwa an die Szene, in welcher der Tramp einen Schuh kocht und anschliessend mit Big Jim verspeist – oder an diejenige, in welcher die Hütte der beiden über einem Abgrund schwankt und zu akrobatischen Aktionen der Akteure Anlass bietet. Der Film hat sich bis heute eine erstaunliche Frische bewahrt. Uraufgeführt wurde er im Jahr 1925. Für die Wiederveröffentlichung 1942 hat Chaplin Veränderungen vorgenommen und den Film mit Musik versehen. Die heute massgebliche Rekonstruktion des Werks stammt aus dem Jahr 2007.
Die Komposition aus den vierziger Jahren erklang nun im Athener Konzert und liess das Werk zur grossen Filmoper (oder -operette) werden. Charlie Chaplin verbindet in seiner Partitur gekonnt spätromantische Epik und Populärmusik. Immer wieder tauchen dabei Zitate aus der Musikgeschichte auf: Wolframs Lied an den Abendstern aus Richard Wagners Oper „Tannhäuser“ in der Hüttenszene, ein Walzer aus Peter Ilitsch Tschaikowskys Ballettmusik „Der Nussknacker“ beim Fest im Goldgräberdorf oder ein Motiv aus Gioachino Rossinis Ouvertüre zu „Wilhelm Tell“ als Ruhemoment nach einem Schneesturm. Weiterhin erklingen die im englischsprachigen Raum sehr bekannten Songs „Auld Lang Syne“ und „For He’s a Jolly Good Fellow“. In der Komposition Chaplins fügen sich diese unterschiedlichen Komponenten zu einer grossartigen, Dramatik und Poesie erzeugenden Filmmusik zusammen.
Dem Staatsorchester Athen kam es zu, die Musik live zu präsentieren. Unter der souveränen Leitung des jungen Dirigenten Stathis Soulis bot der Klangkörper eine sehr gute Leistung. Mit sattem Streicherklang und sauber intonierenden Bläsern sorgten die Musiker dafür, dass die von Charlie Chaplin entworfene Gefühlswelt dem Publkum besonders nahe kam. Ausgesprochen klangschön gerieten dabei die genannten Zitate von Wagner und Rossini. Das Zusammenspiel von Film und Musik klappte perfekt. Das Publikum, welches sich aus allen Generationen zusammensetzte, ging animiert mit und war am Schluss zu Recht aus dem Häuschen.
Ingo Starz (Athen)