Megaro Mousikis, Athen: Balthasar Neumann Chor & Ensemble
Konzert am 25. Januar 2019
Magie des Chorgesangs
Als Teil der internationalen Orchesterkonzerte im Athener Musikzentrum Megaro Mousikis stand ein Abend mit dem Balthasar Neumann Chor & Ensemble auf dem Programm. Der 1991 von Thomas Hengelbrock gegründete Chor wurde im Jahr 2011 vom britischen Magazin Gramophone zu „einem der besten Chöre der Welt“ gekürt. Dieses Urteil steht nicht allein in der Fachwelt. Immer wieder wird positiv hervorgehoben, dass jeder Sänger dieses Klangkörpers in der Lage sei, solistisch hervorzutreten und ebenso als Teil des Kollektivs zu fungieren – dies liess sich auch an diesem Abend eindrücklich erleben. Zusammen mit dem Orchesterensemble, das 1995 ins Leben gerufen wurde, widmet man sich einem breiten Spektrum an Musik, welches vom Frühbarock bis zur Moderne reicht. Die historische Aufführungspraxis spielt bei alledem ein wesentliche Rolle. Im Jahr 2013 brachte Thomas Hengelbrock mit den beiden Ensembles einen aufsehenerregenden „Parsifal“ zur Aufführung.
Das Athener Programm verband die „Missa Superba“ von Johann Caspar Kerll mit dem „Requiem“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Und verbunden waren die beiden Werke in ganz wörtlichem Sinne, da nur einige Sekunden nach dem Ende des ersten Stücks Mozarts Werk erklang. Der Wiener Komponist Johann Caspar Kerll dürfte nur einem kleinen Teil des Publikums bekannt sein, was man in Betracht der zur Aufführung gebrachten Messe bedauern mag. Das kurze, knapp zwanzigminütige Werk ist für einen achtstimmigen Chor, zwei Violinen, Violone, 4 Posaunen und Orgel geschrieben. Es beeindruckt in der ausgezeichneten Wiedergabe durch die Balthasar Neumann Ensembles mit reichen Klangfarben und Agogik. Die „Missa Superba“ dürfte kurz vor 1674 enstanden sein und wurde 1747/48 von Johann Sebastian Bach in Leipzig in veränderter Besetzung zur Wiederaufführung gebracht. Der beinahe nahtlose Übergang zu Mozarts Musik rückte dessen „Requiem“ in die Nähe zur älteren Klangwelt. Wenn man dieses bekannte Stück so präsentiert wie Hengelbrock macht dies auch erheblichen Sinn. Schlank und flüssig breitete sich der Klang der Totenmesse aus, prägnant artikuliert waren die musikalischen Details, sorgfältig fügten sich die Stimm- und Orchestergruppen zusammen. Der Chor beeindruckte ein ums andere Mal mit wunderbar intoniertem, purem Wohlklang, so etwa im Sanctus. Die Solisten waren bestens in den Gesamtklang eingebunden bzw. traten wechselweise aus diesem hervor. Sie liessen keinerlei Hang zum Opernhaften erleben.
Die Balthasar Neumann Ensembles, der Chor und das Orchester boten unter der inspirierten Leitung von Thomas Hengelbrock exemplarische Aufführungen der Werke von Kerll und Mozart. Die Lebendigkeit des Musizierens war wie selten mit Händen zu greifen oder zumindest mit wachen Ohren zu hören. Die Solisten folgten präzise dem Konzept des Dirigenten und entledigten sich ihrer Aufgaben aufs Beste – die Sopranistin Katja Stuber, die Altistin Marion Eckstein, der Tenor Jan Petryka und der Bass Reinhard Mayr.
Das Publikum im nahezu ausverkauften Konzertsaal reagierte enthusiastisch und erklatschte zwei Zugaben, darunter den Bachschen Choral „Komm, o Tod, du Schlafes Bruder“. Mit berückendem Chorgesang wurde man aus einem grossartigen Konzert entlassen.
Ingo Starz