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ATHEN/ Kulturzentrum Onassis/Onassis New Choreographers Festival 7. – Tanz zwischen Inklusion und Konzeptualismus

03.02.2020 | Ballett/Performance


Copyright: Myrto Grigoriou

Onassis Stegi, Athen: Onassis New Choreographers Festival 7

Besuchte Vorstellungen am 2. Februar 2020

Tanz zwischen Inklusion und Konzeptualismus

Das Athener Kulturzentrum Onassis Stegi fuehrte zum siebten Mal das Onassis New Choreographers Festival durch. In acht Performances konnte das Publikum interessante Einblicke in die zeitgenoessische Tanzszene Griechenlands gewinnen. Eine internationale Jury hatte die Beitraege ausgewaehlt. Da das partizipatorische Projekt „A Little More Than Nothing“ parallel zu den ansonsten nacheinander praesentierten Auffuehrungen angesetzt war, kann es hier nicht behandelt werden. Nur so viel: Das Publikum wurde von Christos Mouchas zum Mittanzen aufgefordert. Die Programmfolge, welche an vier unterschiedlichen Orten des Hauses stattfand, startete um 17:00 und endete kurz vor Mitternacht. Dem Betrachter bot sich ein spannender Reigen verschiedener Zugaenge zum Tanz.

Die Performance ‚Re-Call“ brachte zwei behinderte Performerinnen zusammen. Eirini Kourouvani und Vivi Christodoulopoulou zeigten in der Choreographie von Venetsiana Kalampaliki eine ebenso poetische wie energiegeladene Darbietung, welche Krueckstock und Rollstuhl zum selbstverstaendlichen Element der Show machte. Es war eine bezwingende Raumeroberung. Ganz auf taenzerische Bewegung setzte die Choreographin Anastasia Valsamaki. Sie fuehrte die Taenzer Gavriela Antonopoulou, Nefeli Asteriou und Tasos Karachanidis in „DisJoint“ gekonnt durch einen taenzerischen Parcours, der in faszinierender Weise einfache Bewegungen zu komplexen Ablaeufen zusammenfuegte. Das Ergebnis war sehr gut getanzt, interessant in den Personenkonstellationen und aesthetisch ueberzeugend. Etwas ratlos liess einen das Stueck „Reverie“ von Georgia Tegou und Michalis Theophanous zurueck. Ihr Tanztheater, das mit Masken und Materialien (Schleppe, Luftballons) arbeitete, fand zu keiner plausiblen, durchgehenden Narration. Das Ensemble auf der grossen Hauptbuehne – Arianna Ballestrieri, Fenia Chatzakou, Michael Incarbone und Kostas Papamatthaiakis – wirkte manchmal etwas verloren, bewies aber stets taenzerische Qualitaet.

Das taenzerische Solo „Becoming With Animal“ der Choreographin Iro Vasalou brachte eine Verwandlung Mensch-Tier in den Raum und bezog einzelne Zuschauer mitein. Durch ein Seil mit dem Koerper der Taenzerin verbunden, konnte man am eigenen Leib erfahren, was (Tier)Baendigung meint. Interessante Bilder entstanden dabei. Alexandros Vardaxoglou und Dafin Antoniadou fuerten in ihrer Performance „Vanishing Point“ eindruecklich vor, wie zwei Koerper in einem Gebilde gleichsam zum Verschwinden gebracht werden koennen. Es war spannend anzuschauen, wie sich das Koerperknaeuel in Bewegung setzte, den Raum erkundete, sich oeffnete und wieder verschloss. Ein sehr gutes Lichtdesign von Yiannis Kranidiotis begleitete diese anregende Arbeit. Die Choreographie „Zeppelin Bend“ von Katerina Andreou lebte wesentlich von der Energie, welche Andreou und Natali Mandila auf die Buehne brachten (in diesem Fall war auch das Publikum auf der Hauptbuehne versammelt). Es ging um Energie, Kraft und Ausdauer bei dieser Arbeit, die zwischen Ringkampf und Lauftraining angesiedelt war. Dramaturgisch konnte das Stueck weniger ueberzeugen. Eine Studie darueber, wie zwei Performerinnen ein Holzbrett ueber die Buehne bewegen, es zum Spielgegenstand machen koennen, war „manoeuvre“ von Candy Karra und Chara Kotsali. Die Ausfuehrung war gut gemacht, wirklich aufregend war diese abschliessende Choreographie aber nicht. Ein Mehr an taenzerischer Bewegung haette nicht geschadet.

Das zahlreich erschienene Publikum in Onassis Stegi spendete reichlich Beifall fuer ein Festival, das aus dem Athener Kulturleben nicht mehr wegzudenken ist.

Ingo Starz (Athen)

 

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