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ATHEN / Kulturzentrum Athinaïs / OperAttack: IL TROVATORE. Liebe in Zeiten des Krieges

25.12.2016 | Oper

Kulturzentrum Athinaïs / OperAttack: IL TROVATORE

Besuchte Vorstellung am 23. Dezember 2016

 Liebe in Zeiten des Krieges

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Maria Makaroni, Thanos Karakasis.  Copyright: Oper Attack

 Athen gehört sicher nicht zu den europäischen Metropolen mit einer bedeutsamen Operntradition. Gleichwohl wird die Nationaloper in wenigen Monaten ein prächtiges, neues Haus beziehen. Und auch an kleineren, alternativen Kulturstätten tut sich etwas in Sachen Oper. So hat das Kollektiv OperAttack nun in einem ehemaligen Industriegebäude des Szeneviertels Gazi, das für eine kulturelle Nutzung hergerichtet wurde, Giuseppe Verdis Oper „Il Trovatore“ auf die Bühne gebracht. In einem Saal, der wenig mehr als 100 Personen fasst, ist natürlich nicht an eine Aufführung in Vollbesetzung zu denken (von der finanziellen Unmöglichkeit eines solchen Unterfangens ganz zu schweigen). So erlebt man einen kammermusikalischen Verdi-Abend mit sechs Sängern und einem Pianisten. Als Zuschauer mag man zunächst skeptisch sein, ob so eine Minimalbesetzung musiktheatralisch über den Abend trägt. Dank dem engagierten Einsatz aller Beteiligten gelingt dies jedoch erstaunlich gut.

 Die Regisseurin Antonia Vasilakou konzentriert sich auf den kriegerischen Aspekt der Handlung und die Konflikte der Hauptfiguren. Sie zeigt das tödliche Scheitern der Liebe in Zeiten des Krieges, angesiedelt in unseren Tagen. Die entschlakte, unprätentiös in Szene gesetzte Sicht auf die nicht eben logisch gebaute Geschichte, bekommt der Aufführung gut. Vasilakou nutzt geschickt den gesamten Raum, indem sie beispielsweise auch den Gang zwischen den Zuschauerreihen bespielen lässt, und rückt so das unmittelbar und gegenwärtig daherkommende Geschehen dicht ans Publikum. Zu bedauern ist nur, dass nicht alle Sänger über grössere schauspielerische Fähigkeiten verfügen. Die Raumgestaltung von Maria Karathanou ist sparsam, findet dabei aber zu guten Lösungen. So deuten etwa von der Decke herabhängende Seile und Netze eine Gebäudestruktur an, die unterschiedliche Anmutungen zulässt. Das von Alexandros Politakis verantwortete Lichtdesign erzielt mit bescheidenen technischen Möglichkeiten präzise Effekte. Es ist so auch das Licht, das wesentlich die Atmosphäre der einzelnen Szenen schafft.

 Am Klavier sorgt Dimitris Veziroglou für eine ebenso leidenschaftliche wie genau artikulierte Wiedergabe der Musik in gekürzter Form. Er ist den auftretenden Sängern stets ein zuverlässiger Begleiter. Maria Makaroni als Leonora verfügt zwar über einen dramatischen Stimmkern – welcher zu der Rolle durchaus passt -, nicht jedoch über Pianokultur und die Kunst der Verzierung. So gehen der Rolle leider erhebliche Facetten verloren. Antonis Batsakis als Manrico hat, mindestens an diesem Abend einige Mühen mit den Spitzentönen. In der Mittellage weiss er die Partie ganz gut zu gestalten. Stimmlich eindrücklicher ist jedoch Thanos Karakasis als Graf Luna, der seinen Bariton  sicherer zu führen weiss und auch ein guter Schauspieler ist. Bei allen drei genannten Sängern ist allerdings ein zu lautes Singen zu bemängeln. Dass es auch anders geht, beweisst Fotini Athanasaki als Azucena. Ihr schön timbrierter, Mezzo-Sopran gewinnt der Partie mit seinem warmen und nie zu lauten Klang viele Nuancen ab. Vokal und darstellerisch ist sie das eigentliche Zentrum der Aufführung. Maria Roumani als Ines und Panagiotis Pantoulias als Ruiz bieten ansprechende Leistungen. Die Glut der Musik von Verdi erreicht auch mit dieser kleinen Besetzung die aufmerksamen Ohren des Publikums. Viel Beifall für alle Beteiligten.

 Ingo Starz

 

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