Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

ATHEN/ KonservatoriumPhilharmonia Orchestra Athen, Dirigent: Yorgos Ziavras

17.11.2023 | Konzert/Liederabende

Athener Konservatorium 

Philharmonia Orchestra Athen, Dirigent: Yorgos Ziavras

Konzert am 15. November  2023

Struktur und Emphase

stz

Das Philharmonia Orchester Athen ist ein professioneller Klangkörper, der seit November 2016 besteht. Unter seinem künstlerischen Leiter Byron Fidetzis widmet er sich insbesondere der Musik griechischer Komponisten. Neben Konzerten finden auch (konzertante) Opernaufführungen statt. Mit Hinblick auf die Athener Orchestersituation kann man sagen, dass es hier ein durchaus erfreuliches Potential an musikalischer Qualität gibt. Der Zustrom junger, oft international ausgebildeter Musiker hat zu einer Qualitätsverbesserung geführt. Das Problem sind bisweilen die Dirigenten, wie einem Orchestermusiker im Gespräch bisweilen anvertrauen. Da zeigt sich oft ein Mangel an Führung und Interpretation. Erfreulicherweise ändert sich auch das allmählich, wie man etwa beim jüngsten Konzert des Philharmonia Orchesters im Athener Konservatorium sehen und vor allem hören konnte. 

Der Star des Abends war der Dirigent Yorgos Ziavras. Er sorgte mit prägnanter Zeichengebung und bisweilen vollem Körpereinsatz für ein Konzert, in welchem die Musikerinnen und Musiker über sich hinauswuchsen. Ziavras gab dem Orchester Sicherheit und erwies sich als interessanter Gestalter. Der expressive Ton Brittens, der kommunikative Esprit Bernsteins und das Formbewusstsein von Brahms waren bei ihm in guten Händen. Der Dirigent schuf mit dem Philharmonia Orchester Athen einen schlanken, sprechenden Klang. Man darf schon jetzt darauf gespannt sein, wie Tschaikowskis „Nussknacker“ an der Griechischen Nationaloper unter seiner Hand klingen wird.

Das klug zusammengestellte Programm präsentierte im ersten Teil zwei Werke aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Benjamin Brittens „Phädra“ (1976) ist ein Spätwerk. Die kurze Kantate für Mezzosopran und kleines Orchester entwirft farbenreich und expressiv das Porträt der vom Stiefsohn Hippolytus zurückgewiesenen Heroine, die kurz vor dem Selbstmord steht. Die Sängerin Elena Marangou meisterte das anspruchsvolle Solo eindrücklich, mit sicherer Intonation und warmem Ton. Die Geigerin Katerina Chatzinikolaou und das Orchester unter Ziavras nahmen die anschliessende „Serenade after Platons Symposium“ (1954) von Leonard Bernstein mit Verve und Präzision. Die sieben Redner des  philosophischen Texts erscheinen musikalisch in fünf Sätzen. Die moderne Musik liegt Ziavras hörbar am Herzen, er brachte sie zum Leuchten. Unter seiner Leitung klang auch die vierte Sinfonie von Johannes Brahms frisch und dramatisch packend. Schon das berühmte Thema zu Beginn zeigte Drive und Klangsinn. Sicher stiess das Orchester auch an Grenzen, doch der Dirigent führte es sicher durch die Partitur. Er wusste sehr wohl, dass etwa ein Mehr an Piano die Intonation trüben würde. Das Konzert war eine rundum gelungene Sache und auch besuchermässig ein Erfolg. 

Das Publikum zeigte viel Begeisterung für Orchester, Solisten und den Dirigenten und applaudierte anhaltend. Eine Zugabe wurde gewährt.

Ingo Starz (Athen)

 

Diese Seite drucken