Athener Konservatorium
Athens Philharmonia Orchestra: The Creation
Besuchtes Konzert am 8. Juni 2024
Jugendliche Schöpferkraft
Das Athens Philharmonia Orchestra zeigt sich örtlich und programmatisch flexibel – notgedrungen, da ohne feste Konzerthausbindung, aber auch absichtlich, da so immer wieder unterschiedliche Aufstellungen möglich sind. Einer der regelmässigen Spielorte ist das Amphitheater des Athener Konservatoriums. Für eine Aufführung von Joseph Haydns „The Creation“ hat man sich mit dem Akademischen Chor des jungen Athen und dem Chor des Nationalen Konservatoriums zusammengetan. Die vereinigten Chöre bieten rund 60 Sängerinnen und Sänger auf, das Orchester gut 40 Musikerinnen und Musiker. Der nicht allzu grosse Saal erlaubt eine interessante Naherfahrung.
Joseph Haydn liess sich auf einer England-Reise zum Oratorium inspirieren, er bezog auch das Textbuch von dort. Darum ist von Anfang an eine deutsche und eine englische Fassung des Werks vorhanden. In Athen ist nun die englische Version der „Schõpfung“ zu hören. Das Orchester wird vom Dirigenten Nikos Maliaras sicher geführt, aber kaum zu interessanten Klanggesten oder interpretatorischen Details verführt. Das Klangbild ist solide, aber nicht aufregend. Die vom Dirigenten und Spiros Klapsis einstudierten Chöre wissen sich mit viel jugendlicher Frische gut Gehör zu verschaffen. Die beiden Kollektive bieten eine gute Intonation und flexible Klanggestaltung. Die chorischen Qualitäten kommen insbesondere in den finalen Nummern der drei Teile des Oratoriums zur Geltung, aber auch in der musikalisch reichen Nummer 30, wo der Chor mit Adam und Eva interagiert.
Von den Solisten kann nur der Tenor voll überzeugen. Christos Kechris führt seine Stimme absolut sicher und weiss den Text bestens zu gestalten. Mit Wohlklang und Fülle verbreitet er die Botschaft des Uriel. Seine Arie im zweiten Teil (Nummer 24) ist der vokale Höhepunkt des Abends. Eleni Klapsi singt Gabriel und Eva. Ihr eher klein dimensionierter Sopran ist sauber geführt, hat aber bisweilen Mühe sich gegen Orchester und Chor durchzusetzen. Klapsis Stimme – eher Papagena denn Pamina – bleibt gestalterisch etwas blass. Der Bassbariton Angelos Chondrogiannis ist die Schwachstelle des Solistentrios. Seine Intonation lässt zu wünschen übrig, die mangelnde Tiefe und die Neigung zum Forcieren führen kaum zu stimmlich und gestalterisch starken Momenten.
Im Ganzen kann man von einer ganz soliden Aufführung von Haydn’s „The Creation“ sprechen. Das Publikum spendet am Schluss lang anhaltenden Applaus und ein paar Bravorufe.
Ingo Starz (Athen)