Griechische Nationaloper, Athen
Tschaikowski
Besuchte Vorstellung am 23. Februar 2025
Fragmentiertes Leben
Foto: Nationaloper
Wer den Namen „Tschaikowski“ hört, denkt schnell mal an Ballett. „Schwanensee“, „Dornröschen“ und „Nussknacker“ sind Klassiker des Ballettrepertoires und haben zum Ruhm des russischen Komponisten beigetragen. Auch an der Griechischen Nationaloper konnte man diese Werke in den letzten Jahren sehen. Nun erscheint „Tschaikowski“ auf der Bühne der Nationaloper, als Titel eines Ballettabends nämlich, der jüngst bereits an der Leipziger Oper zu sehen war. Was verhandelt dieses neue Werk, erzählt es uns die Biografie des Künstlers?
Der Choreograf Cayetano Soto und sein Ausstatter Dario Suša haben das Konzept für „Tschaikowski“ erarbeitet. Es ist ein Abend in zwei Teilen, wobei es von biografischen Details zu allgemeinen Aspekten geht. Vor der Pause werden in fünf Szenen Momente der Künstlerbiografie verhandelt, wobei es um prägende Lebensmenschen geht. Der Bogen spannt sich vom Tod der Mutter bis zu Nadezhda von Meck. Im zweiten werden Themenfelder geöffnet, „Platonic Bob“, „Halbgötter“, „Publikum“ und „Duma“ thematisiert. Diese Zweiteilung hat etwas Konstruiertes und man könnte das, was nach der Pause auf der Bühne geschieht, durchaus als eine Dekonstruktion in postdramatischer Manier lesen. Kohärenz gewinnt der eher kurze Abend aber leider nicht. Der Tod der Mutter wird durch Chorgesang veranschaulicht, die Beziehung zu Nadezhda von Meck drückt sich in klassischem Tanz aus, ein Astronaut versinnbildlicht das Anderssein des Künstlers, die abschliessende „Duma“-Szene macht wie schon ein paar Momente vorher die Unterdrückung des Volkes im zaristischen Russland manifest. Was Soto dem Publikum anbietet, sind Fragmente einer Biografie, lose Gedanken zu einem bedeutenden Künstler. Klassischer Tanz kommt dabei immer wieder zum Vorschein. Eine überzeugende formale Lösung bietet dieser „Tschaikowski“ freilich nicht.
Die Musik wird live und überzeugend vom Orchester der Nationaloper unter der Leitung von Philippe Forget vorgetragen, ein kurzes Chorstück wird zu Beginn eingespielt. Zur Verwendung kommen Ausschnitte, prägnante Momente aus bekannten Tschaikowski-Werken. Man hört etwa das Finale der sechsten Sinfonie, die Canzonetta aus dem Violinkonzert oder die Polonaise aus dem dritten Akt der Oper „Eugen Onegin“. Das klingt nicht schlecht, gewinnt aber in Zusammenhang mit der Choreografie keine tiefere Bedeutung. Den beteiligten Tänzerinnen und Tänzern ist bei alledem nichts vorzuwerfen. Sie fügen sich mit Elan in die vorgegebenen Rollenmuster und Szenenfolgen. Auf der Bühne tanzen Anna Frangou, Elena Kekkou, Magda Koukou-Ferra, Marita Nikolitsa, Areti Noti, Marta Rivero de Miranda, Eleftheria Stamou, Zoi Schoinoplokaki, Despina Chrysostomou, Ariadni Filippaki, Maria Tzouli, Cecilia Hatziemmanouil, Vangelis Bikos, Manex Alberdi, Yannis Gantsios, Stavros Ikbal, Yannis Mitrakis, Stefano Pietragalla, Daniele Pecorari, Kaito Takahashi, Yorgos Hatzopoulos und Pantelis Haratsidis.
Am Schluss des gut eineinhalbstündigen Abends gibt es freundlichen Beifall vom Publikum.
Ingo Starz (Athen)