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ATHEN/ Griechische Nationaloper: DER NUSSKNACKER. Träume wie zuckersüsse Bonbons

26.12.2023 | Ballett/Performance

Griechische Nationaloper, Athen 

Der Nussknacker 

Besuchte Vorstellung am 24. Dezember 2023

Träume wie zuckersüsse Bonbons

nus

Er gehört fraglos zu den Klassikern im Weihnachtsprogramm: Tschaikowskis Ballett „Der Nussknacker“. Das Weihnachtsthema der (originalen) Handlung, deren märchenhafte Züge und die farbenreiche Musik begründen die Festtagstauglichkeit des Stücks. Konstantinos Rigos, der Ballettdirektor an der Nationaloper, bewies vor ein paar Jahren mit „Schwanensee“, dass er nicht viel mit klassischem Tanz anzufangen weiss. Sein „Nussknacker“, der nun zum Jahreswechsel auf dem Programm steht, feierte vor zwei Jahren seine Premiere. Alle Aufführungen der Wiederaufnahme waren schnell ausverkauft. Man muss leider feststellen, dass dieser Verkaufserfolg nicht mit einer hohen Qualität der dargebotenen Choreografie einhergeht.

Rigos präsentiert uns keine Weihnachtsgeschichte, in der sich wie in E.T.A. Hoffmanns Erzählung „Nussknacker und Mausekönig“ dunkle Seiten der bürgerlichen Gesellschaft auftun. Er konzentriert sich darauf, uns Träume eines Teenagers vor Augen zu führen, die sich unter den magischen Händen Drosselmeyers ereignen. Angesiedelt in der Gegenwart, leidet dieser Ansatz am Beharren auf magischen Kräften,  an der Inkohärenz der aufeinander folgenden Handlungsmomente. Fraglos liesse sich das Ballett einer radikalen Neu- und konsequenten Traumdeutung unterziehen. Konstantinos Rigos aber ändert nur ein paar Parameter und bietet innerhalb des modifizierten Rahmenwerks eine revuehafte Show. Es ist kaum überraschend, dass sich die Mutter des Teenagers Marie-Clara als Musicalfan entpuppt. Dem Musical scheint Rigos besondere Liebe zu gelten – den Eindruck bekommt man jedenfalls, wenn man sich seine Choreografie anschaut, die permanent ein Stilmix zwischen klassischer Ballettsprache und Unterhaltungstanz präsentiert. 

Das besondere Schmuckstück der Aufführung, ein Import aus Frankreich, ist das Auftreten von Hortense Millet-Maurin als Princess Pirlipat und Jérémy-Loup Quer als Prince im zweiten Akt. Sie beide gehören dem Ballett der Pariser Oper an und sind für ihre erkrankten griechischen Kollegen eingesprungen. Ihr Pas de deux in einer, wie man beiläufig erfuhr, Nurejew-Choreografie bringt klassische Schönheit und einen Moment der Konzentration in Rigos‘ knallbunte Show. Beide überzeugen mit Ausdruck und hohem technischen Können. Ihr Auftritt scheint an bessere Zeiten zu erinnern.

Bei aller Kritik an der Choreografie muss man festhalten, dass die Athener Tänzerinnen und Tänzer durchaus gute Leistungen zeigen. Hervorzuheben sind dabei einige der Solisten: Die Marie – Clara Stahlbaum von Elena Kekkou, der Nussknacker von Yannis Gantsios, der Drosselmeyer von Yorgos Hatzopoulos, die Frau Stahlbaum von Popi Sakellaropoulou, der Mausekönig von Igor Siadzko und der Fritz von Manex Alberdi sorgen für Drive und Komik auf der Bühne. Man würde sich nur eine interessante Interpretation des Klassikers wünschen. 

Am Schluss der Aufführung gibt es viel Beifall für alle Beteiligten, gemischt mit ein paar Bravorufen.

Ingo Starz (Athen)

 

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