Griechische Nationaloper / Alternative Bühne
Die schöne Müllerin
Besuchte Vorstellung am 23. April 2023
Schubert mit Tanzeinlagen
Angekündigt war eine musiktheatralische Auseinandersetzung mit Franz Schuberts Liedzyklus „Die schöne Müllerin“, eine Verbindung von Gesang und Tanz. Es ist nicht das erste Mal, dass dieses Werk auf die Bühne geholt wird. Christoph Marthalers Auseinandersetzung mit den romantischen Liedern vor rund 20 Jahren am Schauspielhaus Zürich bot grossartige Bilder und Einsichten. Auf der Alternativen Bühne der Griechischen Nationaloper agierte nun ein Kammerensemble: die Mezzosopranistin Lenia Safiropoulou, der Tänzer Tassos Karahalios und der Pianist Andrej Hovrin. Die Bühnenfläche war mit einem schwarzen Bodenbelag ausgelegt, sieben Lichtstäbe unterstützten die Strukturierung des Raum. Das Piano befand sich im hinteren rechten Eck, während sich im vorderen rechten Eck ein Stuhl befand. Es war ein recht grosser, von Konstantinos Skourletis eingerichteter Raum für drei Akteure.
Da es eben nicht der übliche Liederabend war, nennen wir es eine Tanzperformance. Eine Überraschung stellte sich sich schon nach kurzer Zeit ein. Safiropoulou sang nicht nur den anspruchsvollen Liedzyklus, sie war es auch, die den grösseren Part der Tanzdarbietungen vorführte. Der Tänzer trat nur bisweilen hinzu, die halbe Zeit sass er auf dem erwähnten Stuhl. Der Genderwechsel, der durch das Singen einer Mezzosopranistin entstand, stellte nicht wirklich ein Problem dar. Das kann man machen. Was die Performance fragwürdig machte, ist, dass die tänzerischen Elemente dem Gesang nichts hinzusetzen konnten. Das Bewegungsrepertoire war recht beschränkt und repetitiv, die Sängerin drehte sich bevorzugt um ihre Körperachse. Zwischen dem Tänzer und der Sängerin entwickelte sich kein Spannungsraum. Da der Tanz sehr affirmativ ausfiel – also zeigte, wovon gesungen wurde -, entpuppte er sich als im Grunde entbehrlich. Tassos Karahalios, der die Choreografie erschuf, konnte als Tänzer leider kaum etwas von seinem Können zeigen.
Musikalisch war es um den Abend besser bestellt. Der Pianist Andrej Hovrin sorgte für eine gute Grundlage, auf der sich Safiropoulou trotz ihres fast ständigen Bewegtseins sicher bewegte. Ihr heller, schlanker Mezzosopran war sicher geführt, ihre Diktion war sehr gut. Manchmal hätte man sich wohl mehr Farben gewünscht oder auch eine stärkere dynamische Feinabstimmung. Lenia Safiropoulou bot aber eine sehr solide, gut gestaltete Darbietung von Schuberts Liedzyklus.
Das Publikum spendete am Schluss viel Beifall.
Ingo Starz (Athen)