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ATHEN/ Griechische Nationaloper: 3 RÄUME – Choreographien von Konstantinos Rigos, Jiří Kylián und Ohad Naharin

20.02.2023 | Ballett/Performance

Griechische Nationaloper, Athen : 3 Räume – Choreographien von Konstantinos Rigos, Jiří Kylián und Ohad Naharin

Besuchte Vorstellung am 19. Februar 

Misslungene und erfüllte Momente

Tanzaufführungen erfreuen sich grosser Beliebtheit in Athen. Die Griechen füllen buchstäblich mit Kind und Kegel die Theater. Die griechische Nationaloper hat nun ein Tanztriptychon wiederaufgenommen, das im Februar 2022 seine Premiere feierte. Es bringt Choreografien von Konstantinos Rigos, Jiří Kylián und Ohad Naharin zusammen. Die Bezeichnung „Triptychon“ ist nicht eigentlich passend, da sie einen Zusammenhang suggeriert, der nicht wirklich existiert. Wir haben, wie der Titel des Abends besser anzeigt, „3 Räume“ vor uns, die in Qualität und Struktur sehr unterschiedlich daherkommen. Rigos‘ Choreografie „Der Pedalton für ein Kind“ zur gleichnamigen Komposition von Giorgos Koumendakis, macht den Anfang. Die Musik wird live vom Opernorchester unter der Leitung von Yorgos Ziavras vorgetragen. Das von byzantinischer Musik angeregte Werk kommt traditionell und konventionell daher, am Orchesterspiel ist nichts auszusetzen. Rigos‘ Arbeit lässt leider weder eine tragende Struktur noch überzeugende Bewegungsfolgen erkennen. Die 23 TänzerInnen sind schlecht geführt, Monotonie beherrscht die Szene. Manchmal imitiert Rigos musikalische Abläufe, manchmal spielt er mit Schatten oder lässt Prospekte in Form von Kontinenten hochfahren. Es ist ein Spiel mit Effekten in einem dystopischen Setting, das keinen Bedeutungsgewinn bringt. Es ist eine misslungene Choreografie des Athener Ballettdirektors, um es deutlich zu sagen. 

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„Petite Mort“. Foto: Nationalballett

„Petite mort“ von Jiří Kylián, das 1991 in Salzburg uraufgeführt wurde, ist da ein ganz anderes Kaliber. Ein Meister neoklassischer Tanzsprache zeigt uns zur Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, wie Begehren und sexuelle Erfüllung in sublimer Form auf die Bühne gebracht werden können. Die zwei langsamen Sätze aus den Klavierkonzerten Nr. 21 und 23 kommen nun vom Band. Die zwölf TänzerInnen verbinden klassische Figuren mit Neufindungen, tragen die Abfolge an Szenen, deren kommunikative Muster gekonnt vor. Ein vom Ensemble über die Bühne gezogenes Tuch ermöglicht Verwandlungen und fliessende Übergänge. Kylián übersetzt Mozarts erzählerische Musik in abwechslungsreiche Paarbildungen und Gruppenarrangements. Das Publikum erblickt einen heiter-spielerischen Kampf der Geschlechter.

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„Minus 16“. Foto: Nationalballett

Mit Ohad Naharins „Minus 16“ öffnet sich die Szene zum Publikum. Das 1999 vom Nederlands Dance Theater II uraufgeführte Werk erscheint als Reise durch Zeiten und Stile. Vom verführerischen Mambo zu Beginn, zum traditionellen, jüdischer Kultur entstammenden Gruppensetting bis hin zur Einladung zum Tanz ist hier vieles zu entdecken. „Minus 16“ bringt Ausschnitte aus früheren Werken des Choreografen zusammen. Die 19 TänzerInnen auf der Bühne zeigen höchsten Einsatz, die detailreichen Bewegungsfolgen und die Musik (vom Band) reissen die Zuschauer mit. Nicht überraschend wird die Szene, wo das Ensemble Zuschauer zum Tanz auf die Bühne holt, spontan bejubelt. Man muss auch sagen, dass die Gäste auf der Bühne sehr engagiert bei der Sache sind. Das Tanztriptychon „3 Räume“ beginnt schwach, läuft aber im zweiten und dritten Teil zu beachtlicher Form auf.

Lauer Beifall für Rigos‘ Werk, starker Beifall und Bravorufe für „Petite mort“, Jubel für Naharins Arbeit. 

Ingo Starz (Athen)

 

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