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ATHEN/ Greek National Opera: DER NUSSKNACKER

24.12.2015 | Ballett/Performance

ATHEN/ Greek National Opera: DER NUSSKNACKER

Wiederaufnahme am 23. Dezember; besuchte Vorstellung am 26. Dezember2015

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Foto: Greek National Opera

 Renato Zanella, der als Ballettdirektor zum Jahresende die Griechische Nationaloper verlässt, hat dem Athener Publikum zum Abschied eine Wiederaufnahme seiner Choreografie von Tchaikovskys Klassiker „Der Nussknacker“ beschert. Von der ursprünglichen Handlung ist nicht viel mehr als der Christbaum geblieben; vom Mäusekönig des Originals zeugt nur noch eine Maus, die dem bösen Drosselmeyer zugeordnet ist. Zanella hatte seine Version des Balletts in der Saison 2000/01 an der Wiener Staatsoper vorgestellt. Eine überarbeitete Fassung kam im November 2012 in Athen zur Premiere. Mit „Cinderella“ konnte man im vergangenen April eine originelle Neuinterpretation eines Klassikers erleben, welche die Handlung mit viel Witz und Charme nach Alt-Wien verlegte. Beim „Nussknacker“ gestaltet sich die Sache schwieriger. Immerhin stammt die Vorlage zum Werk von E.T.A. Hoffmann, der abgründig und doppelbödig die Geschichte von „Nussknacker und Mäusekönig“ erzählt. Zanella nun formt den Stoff stark um: Da geht es um eine Prinzessin und einen Prinzen, um den bösen Onkel Drosselmeyer, der die Nichte begehrt und entführt, aber schliesslich im Kampf mit dem Prinzen fällt. Das Setting ist weitaus konventioneller als im Original und im zweiten Teil stellen sich auch Längen ein, wenn die Entführungsroute durch verschiedene Länder führt. Das Weihnachtsfest ist nur noch lockerer Rahmen und nicht mehr zentrales Moment wie bei E.T.A. Hoffmann.

 Christof Cremer schuf farbenprächtige Kostüme und wirkungsvolle Prospekte für die Bühne. Königspalast, Winterlandschaft und fremde Länder werden so mit schönem Effekt in Szene gesetzt. Das Prinzenpaar und Drosselmeyer bilden das Zentrum von Zanellas Choreografie. Daneben haben es die übrigen Protagonisten etwas schwer. Das Königspaar zu Beginn bleibt blass, aber auch die fremdländischen Tänze im zweiten Teil finden nicht recht zur gewohnten Geltung. Im Finale immerhin weiss Zanella, das Liebespaar wirkungsvoll in Szene zu setzen. Im Ganzen ist dieser „Nussknacker“ jedoch kein grosser Wurf.

 Das Orchester der Nationaloper wartet unter der Leitung von Elias Voudouris mit einer guten Leistung auf. Das Klangbild ist differenziert und die Bläser setzen mit sauberem Spiel Akzente. Der kleinbesetzte Kinderchor – einstudiert von Mata Katsouli – erbringt eine solide Leistung. Tchaikovskys Musik, die im zweiten Teil um die „Romeo und Julia“-Ouvertüre erweitert wurde, kommt treffsicher zur Wirkung.

 Renato Zanella hat in seinen Athener Jahren zweifelsohne die Qualität der Ballettcompagnie gesteigert. Mit Natasa Siouta und Danilo Zeka steht ein Prinzenpaar auf der Bühne, das insbesondere in Pas de deux und Soli des Finales mit Technik und Ausdruck überzeugen kann. Dass deren Rollengestaltung nicht sehr individuell ausfällt, ist wohl dem Choreografen anzulasten. Der Drosselmeyer von Michalis Pappas vermag deutliche Akzente zu setzen und zeigt eine tadellose Leistung. Etwas mehr Wirkungsraum hätte man der Fee des Nordens gewünscht: Alina Stergianou ist jedenfalls eine gute Besetzung. Georgia Tritsi und Bledi Latifi als Königspaar und Viorel Beride als Zeremonienmeister und Kardinal sind tadellos in ihren Leistungen. Die gesamte Compagnie präsentiert sich auf einem erfreulich hohen, tänzerischen Niveau. Das Publikum nimmt Zanellas Weihnachtsbescherung begeistert auf.

 Ingo Starz

 

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