Marios Sarantidis. Copyright: Griechische Nationaloper
Greek National Opera, Athen: Der Mikado – Operette von Arthur Sullivan und William Schwenck Gilbert
Besuchte Vorstellung am 27. Dezember 2017
Operetten tauchen gerade in den Tagen des ausgehenden Jahres gern auf den Spielplänen der Opernhäuser und Theater auf. Die griechische Nationaloper zeigt nun als Koproduktion mit Rafi-Music Theatre Company einen ausgesprochenen Renner des angelsächsischen Repertoires, und dies erst noch als griechische Erstaufführung. Die Rede ist von Arthur Sullivans und William Schwenck Gilberts Operette „Der Mikado“. Gezeigt wird das 1885 uraufgeführte Werk – eine Art Gegenstück zu Lehárs „Das Land des Lächelns“ – auf der Alternativen Bühne, was gewisse Anpassungen nötig macht. So wird die flott erzählte Satire von gerade einmal 15 Musikern und Sängern über die Rampe gebracht. Und dies gelingt, sei bereits vorweg gesagt, ganz ausgezeichnet.
Zu loben ist zuvorderst Michalis Papapetrou, der die Musik eingerichtet hat, am Dirigentenpult steht und in der Rolle des Pish-Tush agiert. Das sechsköpfige Orchester – Violine, Saxophon, Kontrabass, Posaune, Schlagwerk und Klavier/Keyboard – bringt Sullivans Musik farbenreich und gewitzt zur Darbietung. Der satirische Moment des Werk scheint mit der Fokussierung auf wenige Instrumente noch verstärkt worden zu sein. Ein Ohrenschmaus ist das. Bestens funktioniert die von Giorgos Tsaknias und Katerina Schina (Songs) besorgte Adaption des Werks. Eine Freude, die reichlich Grund zum Lachen bietet, ist auch die Inszenierung von Akyllas Karazisis. Der Satire angemessen wird dem Abend ein improvisierter Gestus eingehaucht, der lustvoll die Charaktere ausspielt, Parallelaktionen erlaubt und mitunter fast „postmodern“ anmutet. Dafür bedarf es nur weniger Requisten (Ausstattung: Alexia Theodoraki), wie eines Diwans, einer Bank, zweier Prospekte und eines Banners. In diesem Setting erzählt Karazisis in flüssigem Tempo die Geschichte des Mikado – ein anderer Titel für den japanischen Kaiser -, der das Flirten in seinem Reich bei Todesstrafe verbieten lässt, zeigt uns den Kaisersohn Nanki-Puh, der vor einer Zwangsheirat flieht und sich in das Mädchen Yum-Yum verliebt. Die Figuren des Gewalt ausübenden Herrschers und des machtgierigen Beamten laden zur satirischen Betrachtung geradezu ein, was auch in der griechischen Übersetzung mit zahlreichen Anspielungen auf die Gegenwart sehr schön zum tragen kommt. Die Athener Bearbeitung des „Mikado“ und ihre szenische Umsetzung fördern gekonnt den rebellischen Geist der Schöpfer zu Tage und liefern immer wieder hinreissend komische Tableaus.
Den grössten, will sagen wirksamsten Auftritt hat fraglos Marios Sarantidis als Mikado. Sein geschmeidiger Bassbariton und seine fulminante Spielfreude – letztere rückt den Kaiser in ein etwas tuntiges Licht – sorgen für Begeisterung. Bei Sarantidis‘ Auftritten passt schlichtweg alles. Sehr gut agiert, tanzt und singt aber das ganze Ensemble: Thanos Lekkas als Nanki-Poo, Dimitris Nalbandis als Ko-Ko, Nikos Spanatis als Pooh-Bah, Lito Messini als Yum-Yum, Lydia Aggelopoulou als Pitti-Sing, Varvara Biza als Peep-Bo und Anastasia Kotsali als Katisha. Das gesamte Ensemble sorgt für beste Laune auf der kleinen Bühne der griechischen Nationaloper. Und das Publikum dankt mit langem Beifall und Bravorufen. Gilbert und Sullivan sind in Athen angekommen.
Ingo Starz