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ATHEN/ Greek National Opera/ Alternative Bühne: DER GEFESSELTE PROMETHEUS (Bühnenmusik Jani Christou). Der Klang des Widerstands

13.07.2017 | Oper

Greek National Opera, Athen/ Alternative Bühne
Der gefesselte Prometheus
Besuchte Vorstellung am 11. Juli 2017

Der Klang des Widerstands

Prometheus, so lehrt es uns der Mythos, brachte den Menschen das Feuer, darüber hinaus Hoffnung und die Kunst der Prophetie. Von Zeus wurde er für diese gute Tat an den Menschen zur Strafe an einen Felsen gekettet. Da er, der Weissagung mächtig, sich nachfolgend der Aussage verweigert, wer Zeus und sein Gefolge der Herrschaft berauben würde, wird er in den Hades geschickt. Die Aischylos zugeschriebene Tragödie wurde in der Moderne immer wieder als Parabel auf den Widerstand gegen eine ungerechte Ordnung gelesen. Für eine Inszenierung des Stücks durch Alexis Minotis am Athener Nationaltheater in den 1960er Jahren schuf Jani Christou eine bemerkenswerte Bühnenmusik. Die Komposition des Avantgardekünstlers weist eine deutliche Tendenz zum Musiktheater und innovative Verfahren – wie den Einsatz von Tonbändern – auf. Die Musik Christous untermalt oder erweitert nicht nur den Raum des gesprochenen Worts, sie schafft auch starke vokale Momente und interagiert mit der Tragödienstruktur.

Als letzten Beitrag zu den Musiktheatertagen hat die Griechische Nationaloper nun eine im Text deutlich gekürzte Fassung von Aischylos‘ „Der gefesselte Promotheus“ auf die Alternative Bühne gebracht. Die Aufführung richtet ihr Augenmerk ganz auf die Musik und deren Wechselwirkung mit der Sprache des Stücks. Die Szenenfolge ist die bekannte, die Kernaussagen sind erhalten. Die theatrale Umsetzung findet in einem ebenso simplen wie überzeugenden Raumkonzept statt: Im vorderen Teil der Bühne ist das 16-köpfige Orchester in einem leicht versenkten Graben platziert, dahinter sind Podien, auf denen links der Chor der Okeaniden und rechts die olympischen Götter agieren. Das Orchester wird umspielt und zu Beginn steht ein junger Mann in sommerlicher Alltagskleidung vor dem Publikum. Alle anderen Akteure treten in dunkelfarbigen Shirts und Hosen auf. Während der Chor als bewegte Menge dargestellt wird, erinnert die Disposition der Götter an den Figurengiebel eines antiken Tempels. Schon diese antike Anmutung setzt die göttliche Ordnung ins Bild. Die Tragödie wird in einem eher oratorischen Stil zum Vortrag gebracht, dabei übernehmen jedoch, das ist eine interessante Zutat der Regisseurin Eleni Boza, wechselweise verschiedene Darsteller die Rolle des Prometheus. Der Aufstand des Einzelnen mutiert so zur Idee des Widerstands im allgemeinen. Ausstattung (Konstantinos Zamanis), Bewegungskonzept (Pauline Huguet) und Lichtdesign (Eleftheria Deco) unterstützen die genannten Intentionen in bester Weise.

Die Aufführung wird von einem jungen Ensemble getragen, genauer von achtzehn Studierenden der Schauspielschule des Nationaltheaters. Sie zeigen sich noch nicht alle in derselben Weise dem antiken Text gewachsen, bieten aber eine sehr gelungene, energiegeladene Gesamtleistung. Begleitet werden sie von Musikern des Rundfunkorchesters ERT. Die Kammerbesetzung, das soll erwähnt werden, weist Bläser, Perkussion und zwei Tasteninstrumente, aber keine Streicher auf. Das schafft klare rhythmische Akzente und einen körperhaften Klang. Charalambos Gogios leitet das Orchester in souveräner Weise, das Zusammenspiel mit der Bühne funktioniert reibungslos. Die Musiker erscheinen als Teil der Szene.

Das Publikum dankt allen Beteiligten mit starkem Applaus.

Ingo Starz

 

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