Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

ATHEN/Athens Epidaurus Festival / Peiraios 260: Ermira Goro: „TELOS“. Premiere

10.07.2024 | Ballett/Performance

Athens Epidaurus Festival / Peiraios 260

Ermira Goro: Telos
Premiere am 9. Juli 2024

Endspiele

telos
Ermira Goro: Telos. Foto: Karol Jacek

Ermira Goro ist eine feste Grösse in der griechischen Tanzszene. Sie schloss ihre Ausbildung an der Nationalen Tanzschule in Athen ab und setzte dann ihre Studien in New York fort. Von 2007 bis 2018 arbeitete Goro als Performerin, Lehrerin und Forschende mit dem bekannten DV8 Physical Theatre. Als Choreografin präsentierte sie Arbeiten in Institutionen und an Festivals, wie Joyce Soho, der griechischen Nationaloper, dem Athens Epidaurus Festival oder am World Theatre in Sofia. Als Mitglied des choreografischen Teams wirkte sie an der Gestaltung der Eröffnungs- und der Abschlussfeier der Olympischen Spiele in Athen 2004 mit. Ihr künstlerisches Interesse richtet sich auf konzeptuelles Arbeiten zwischen Tanz und Performance. 

In der kleinen Halle an der Piräusstrasse präsentiert Ermira Goro im Rahmen des Tanzprogramms des Athens Epidaurus Festivals „Telos“. Es ist eine Performance, in der sich, wie das griechische Wort sagt, alles um das Ende dreht. Das Konzept der Aufführung stammt von Goro, die einzelnen Teile sind von vier verschiedenen ChoreografInnen gestaltet: Maria Hassabi, Hannes Langolf, Ioanna Paraskevopoulou und Ermira Goro. Musik haben Aliki Leftherioti und Jeph Vanger (für den Hassabi-Teil) beigesteuert. Die Ausstattung hat Venia Polychronaki, das Licht Vangelis Mountrichas besorgt. Die Angaben zum Werk sind äusserst spärlich, weshalb auf eine Zuweisung der einzelnen Teile an die vier Choreografen verzichtet wird. Vermutlich gibt die obige Angabe die Reihenfolge der Stücke wieder. Die einzelnen Teile werden von Goro, die alleine im Raum agiert, als ein Ganzes dargeboten.

Der Abend beginnt im Eingangsraum der Halle, wo das Publikum zunächst an den Längsseiten steht. Die Performerin nähert sich in einer sehr langsamen Vorwärtsbewegung einer Steinbank. Ihr Körper nimmt diese ein, umschliesst sie. Die Bank ist hier offensichtlich das Ziel einer ganz physischen Suchbewegung. Danach nimmt das Publikum seine Plätze ein, das Geschehen spielt nun auf der Bühne. Hier visualisiert Goro zunächst das Ende verschiedener Filme, wie „Amour“, „Aftersun“ oder „Die Passion der Jungfrau von Orléans“: Atemzüge, tänzerische Geste und Gesichtsausdruck kommen dabei performativ zum Vorschein. Der Zuschauer versucht sich dabei an die Originalszene zu erinnern, viel Energie erzeugen die spielerischen Reenactments ansonsten aber nicht. Im kurzen dritten Teil entblösst die Performerin ihren Körper und bewegt sich hin zu einer Wandöffnung. Liesse sich diese Szene, die etwas Eindringliches aufweist, als ein Entkommenwollen deuten? Schliesslich wird die Bühne zur tatsächlichen Bühne, auf der Ermira Goro in einem Abendkleid erscheint. Es geht um einen Auftritt, ein Finale, um dessen Wiederholung und darum, was ein Ende eigentlich darstellt – oder wie es sich darstellen lässt. Die Performerin spielt eine Performerin und spricht dabei zum Publikum, also auch zu uns in der Halle. Diese Dekonstruktion eines Bühnenauftritts hat Charme, könnte aber gerne etwas frecher und lauter daherkommen. 

Ermira Goro und ihre MitstreiterInnen bringen eine interessante Szenenfolge auf die Bühne, welche in der zweiten Hälfte an Intensität gewinnt. Es sind Endspiele, denen ein wenig mehr finale Dringlichkeit gut tun würde. Das Publikum folgt dem Geschehen aufmerksam und spendet am Schluss anhaltenden Applaus. Es gibt auch ein paar Bravorufe. 

Ingo Starz (Athen)

 

 

Diese Seite drucken