Athens Epidaurus Festival / Odeion des Herodes Attikus
Staatsorchester Athen / Lukas Karytinos
Besuchtes Konzert am 12. Juli 2024
Virtuose Momente
Die beiden im Rahmen des Athens Epidaurus Festivals stattfindenden Konzerte des Staatsorchesters Athen stehen üblicherweise im Zeichen populärer klassischer Werke. Wenn da eine Komposition von Béla Bartók im Programm auftaucht, handelt es sich schon um eine progressive Setzung. Lukas Karytinos, der Chefdirigent des Staatsorchesters, wollte eigentlich mit der Pianistin Khatia Buniatishvili im zweiten Konzert auf dem Podium des Odeions des Herodes Attikus auftreten. Da diese wegen Krankheit absagen musste, sprang Alexei Volodin ein. Doch bevor die Aufmerksamkeit dem Solisten galt, standen das Orchester und seine Instrumentengruppen im Zentrum.
Das Staatsorchester Athen präsentierte im ersten Teil des Programms Béla Bartóks Konzert für Orchester. Das war fraglos eine interessante und gute Wahl, weil sie doch die Möglichkeit bot, auf Qualitäten des Klangkörpers hinzuweisen. Es ist eben eine Komposition, welche das Orchester und seine Teile ins Zentrum rückt. Im ersten und zweiten Satz machten insbesondere die Flöten und die Blechbläser einen sehr guten Eindruck. Der Charakter der einzelnen Sätze blieb unter der Leitung von Karytinos bedauerlicherweise etwas im Vagen. Das tänzerische Finale etwa, das der Komponist als tour de force für das Orchester betrachtete, hätte mehr Kanten vertragen könnten. Es war eine ganz solide Interpretation des Konzerts mit sehr schönen Leistungen einzelner Orchestergruppen. Und Bartók sollte in Athen fraglos mehr zur Aufführung kommen.
Nach der Pause stand das bekannte und beliebte erste Klavierkonzert in b-Moll, Op. 23 von Tschaikowski auf dem Programm. Es war erst im vergangenen Dezember in einem Konzert des Staatsorchesters erklungen. Damals war Alexia Mouza die Solistin. Alexei Volodin erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen und bot mit seinem Spiel eine eindrückliche Mischung aus Virtuosität und Empfindungkraft. Lukas Karytinos trieb das Geschehen zügig voran, liess nur manchmal ein paar gestalterische Details vergessen. Orchester und Solist agierten gut zusammen. Die Aufführung des Klavierkonzerts im vergangenen Dezember unter Cornelius Meister zeigte im Vergleich mehr Sinn für Aufbau und Struktur des Werks. Nun blieb das Orchester bisweilen zu sehr in der Begleiterrolle stecken.
Es gab reichlich Beifall an diesem Abend. Der Pianist Alexei Volodin wurde vom Publikum regelrecht gefeiert, was ihm zwei Zugaben entlocken konnte. Die Saison des Staatsorchesters Athen endete mit einem interessant programmierten Konzert.
Ingo Starz (Athen)