Stefano Tsalis. Foto: Athens & Epidaurus Festival
Athens & Epidaurus Festival / Odeion des Herodes Attikus: Staatsorchester Athen – 250 Jahre Beethoven
Konzert am 8. August 2020
Dem Gewitter entronnen
Das Abschlusskonzert des Athens & Epidaurus Festivals mit dem Staatsorchester Athen fand an einem Wochenende statt, das für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich schwül und gewitterhaft ausfiel. Noch gut zwei Stunden vor dem geplanten Konzertbeginn regnete es in Strömen und erst gegen 20 Uhr war der Regen endgültig vorüber. Dem Gewitter entronnen konnten die Veranstalter schliesslich mit 45 Minuten Verspätung das musikalische Geschehen beginnen lassen. Weniger dem Wetter als der kleinen Orchesterbesetzung war wohl die elektroakustische Verstärkung geschuldet, die bei Orchesterkonzerten im Odeion des Herodes Attikus sonst nicht üblich ist. Diese ergab leider ein zu glattes, poliertes und recht mächtiges Klangbild, was Details und Farben einebnete. Andererseits war so das, was das Publikum zu hören bekam, im ganzen Halbrund stets laut genug erfahrbar.
Der Abend war dem Jubilar Ludwig van Beethoven gewidmet und begann mit der Ouvertüre zu „Die Geschöpfe des Prometheus“. Mit Ernst und kraftvollem Ton liess Stefanos Tsialis das Staatsorchester aufspielen. Dank der Verstärkung klang das Orchester grösser als es war. Das zweite Stück kam einem wie ein ironischer Kontrapunkt zu den beiden Beethoven-Werken des Programms vor. Dmitri Schostakowitschs Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester zitiert nicht nur Beethoven, es geht auch frech und spöttisch mit der Musikgattung um, mixt Stile und scheut nicht vor grossen Effekten zurück. Das rund zwanzigminütige Werk kommt unterhaltsam und virtuos daher. Die Solisten Alexia Mouza am Klavier und Giannis Karabetsos an der Trompete nutzten wie das Orchester die Gelegenheit, grosse Spielfreude zu entfalten. Das hatte Schmiss und liess einen manche eher banale Momente des Konzerts vergessen.
Ohne Pause ging es zum letzten Werk des Abends: Beethovens siebenter Sinfonie. Es sei nochmals erwähnt, dass das Athener Staatsorchester dank Verstärkung ziemlich mächtig klang, obschon man für die Sinfonie nur 41 Musiker auf dem Podium zählen konnte. Das Dirigat von Tsialis betonte die grossen Gesten, was im ersten Satz einigermassen aufging. Der langsame Satz konnte dann jedoch wenig Atmosphäre entfalten. Da fehlte es den Streichern an Farbe und Resonanz sowie dem Spiel an (Tempo-)Flexibilität. Gute Akzente konnten dagegen immer wieder die Bläser setzen. Ludwig van Beethovens „Apotheose des Tanzes“ geriet insgesamt zu grossflächig, es mangelte an klanglicher Transparenz und bisweilen auch an Präzision. Der Komponist könnte den heutigen Hörer durchaus mehr aufrütteln.
Das nicht sehr zahlreich erschienene Publikum war dankbar, dass das Konzert stattfinden konnte und spendete nach den einzelnen Teilen und am Schluss viel Beifall und Bravorufe.
Ingo Starz (Athen)