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ATHEN/ Athens Epidaurus Festival / Odeion des Herodes Attikus  Griechische Nationaloper – Giuseppe Verdi: LA TRAVIATA 

28.07.2024 | Oper international

Athens Epidaurus Festival / Odeion des Herodes Attikus 

Griechische Nationaloper – Giuseppe Verdi: La Traviata 

Wiederaufnahme am 27. Juli 2024

Breitwand-Spektakel

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Nadine Sierra, Freddie de Tommaso. Foto: Griechische Nationaloper

Giuseppe Verdi’s „La Traviata“ ist über weite Strecken ein Kammerspiel. Die Oper eignet sich darum nicht wirklich für die weite Bühne des Odeions des Herodes Attikus. Und dass der Regisseur Konstantinos Rigos das Werk zu einer Art pompöser Ballettoper aufbläst, in der der Sängerin der Violetta eine Tänzerin als Alter Ego zur Seite gestellt wird, macht die Situation keineswegs besser. Die Inszenierung hat schon bei ihrer Premiere im Jahr 2019 nicht überzeugt und bereitet nun anlässlich ihrer Wiederaufnahme wiederum Kopfschmerzen. Rigos ist der Ballettdirektor der Griechischen Nationaloper und weiss schon als Choreograf meistens nicht recht zu überzeugen. Nun ist er als Opernregisseur vor allem darum bemüht, die grosse Bühne im Odeion zu füllen. Raumelemente zu beiden Seiten der Bühne zeigen die Schlafzimmer von Violetta und Alfredo, im grossen Zwischenraum ist Platz für eine lange Tafel. Rigos hat das Bühnenbild entworfen, Ioanna Tsami die Kostüme. Alles ist auf Opulenz angelegt, welche man freilich als ziemlichen Kitsch empfinden kann. Es fehlt an einer detaillierten, interpretierenden Personenführung, der Chor steht oft herum oder ergeht sich in beliebig anmutenden Tanz- oder besser Hüftbewegungen. Das Ballett sorgt zwar für einige Aktion auf der Bühne, die Handlungserzählung wird dadurch aber eher unterbrochen als unterstützt. Im letzten Akt sind die beiden Raumelemente zusammengeschoben, die beiden Welten der Oper zusammengerückt. Da auch hier die Figuren unscharf gezeichnet bleiben, ist das szenische Bild letztlich nur ein Effekt. Die intime Geschichte von Violetta, Alfredo und dessen Vater geht in der Inszenierung von Konstantinos Rigos über weite Strecken verloren.

Deutlich besser ist es am Abend der Wiederaufnahme um die musikalische Seite der Aufführung bestellt. Das Orchester der Nationaloper bietet unter der Leitung von Pier Giorgio Morandi eine gute Leistung. Dem Dirigat mangelt es aber in den beiden ersten Akten etwas an Spannung und Akzentuierung. Vielleicht hängt dies mit einem Mangel an Proben zusammen. Der von Agathangelos Georgakatos einstudierte Chor erweist sich seiner Aufgabe gewachsen. Die ausgeweiteten Ballettszenen zeigen mehr das Potential der Tänzerinnen und Tänzer denn die Originalität des Choreografen Rigos. Zwei Stars der Opernszene stehen an diesem Abend auf der Bühne. Nadine Sierra als Violetta beeindruckt mit schönem Stimmkern, wohl gesetzten Verzierungen und Pianokultur. Sie verfügt über alles, was die Rolle erfordert. Ergreifend gerät ihr Gesang aber erst im letzten Akt. Das mag, wie schon angedeutet, an Raum und Dirigat liegen. Freddie De Tommaso als Alfredo ist leider nicht in Topform. Möglicherweise beeinträchtigt eine Verkühlung seine Darbietung. Seine Stimme klingt nicht frei, da und dort erklingen rauhe Töne und generell entfaltet sich die Stimme nicht optimal in der hohen Lage. Man ahnt, da liegt mehr drin. Dimitri Platanias als Giorgio Germont lässt es stimmlich an Geschmeidigkeit und Gestaltungskraft vermissen. Er gibt der Rolle aber doch eine gewisse Statur. Die Sängerinnen und Sänger in den Nebenrollen bieten gute Leistungen. 

Das Odeion des Herodes Attikus ist an diesem Abend ausverkauft. Das Engagement von Nadine Sierra hat im Vorfeld für Schlagzeilen gesorgt. Am Ende der Aufführung gibt es anhaltenden Beifall für alle Beteiligten, Sierra wird lautstark bejubelt.

Ingo Starz (Athen)

 

 

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