Athens Epidaurus Festival / Odeion des Herodes Attikus
Emanuel Ax – Leonidas Kavakos – Yo-Yo Ma
Besuchtes Konzert am 15. Juni 2024
C
opyrifght: Nigel Perry-Press
Kammermusik expanded
Das Odeion des Herodes Attikus ist ein grossartiger Raum, aber sicher kein idealer Ort für Kammermusik. Das Problem ist wahrlich nicht neu, tritt aber Dank der Programmplanung des Athens Epidaurus Festival regelmässig zu Tage. Die Techniker haben auch dieses Mal ihres Bestes getan, um den Klang der drei Instrumente sich gut im weiten Halbrund ausbreiten und verteilen zu lassen. Die elektroakustische Verstärkung führt aber doch immer wieder zu einem ähnlichen, distanzierenden Hörerlebnis. Man erlebt einen Klang ohne Raumkörper, der etwas flach anmutet und dem es an Wärme fehlt. Das sind nun einmal keine optimalen Voraussetzungen für die Aufführung zweier Klaviertrios von Johannes Brahms und Ludwig van Beethoven.
Kammermusik wird natürlich nur in diesem grossen Openairraum programmiert, wenn zugkräftige Namen zur Verfügung stehen. Und die hatte man in der Tat. Der Pianist Emanuel Ax, der erstmals in Griechenland zu erleben war, der Cellist Yo-Yo Ma, der vor ein paar Jahren am selben Ort die Cellosuiten von Bach darbot, und der Geiger Leonidas Kavakos musizierten zusammen. Der Grieche ist natürlich öfters in seinem Heimatland zu erleben. Er war es wohl auch, der für ein volles Haus sorgte. Wann findet solch ein Kammermusikprogramm schon einmal ein so grosses Publikum. Letzteres war grösstenteils wohl eher am Gesamterlebnis und Eventcharakter denn an der Musik interessiert. Viele klatschten zwischen den Sätzen und einmal gar in den zweiten Satz des Beethoven-Trios hinein. Man sollte eben bedenken, dass es nicht schadet, die Musik, welche man im Konzert hört, zu kennen.
Die drei Herren machten, wie kaum anders zu erwarten war, ihre Sache grossartig. Zusammenspiel, Intonation und Klangrede wussten zu überzeugen, die Spielfreude war den Musikern anzumerken. Durch die eingangs erwähnte, raumbedingt notwendige Verstärkung musste man jedoch gewisse klangliche Abstriche hinnehmen. Dem Klavier fehlte es etwas an Fülle, dem Cello an Wärme und der Geige an Brillanz. Das Klangbild kam klar, aber eben auch ein wenig eingeebnet daher.
Im ersten Teil des Konzerts stand Johannes Brahms‘ Klaviertrio Nr. 2 in C-Dur, Op. 87 auf dem Programm. Die drei Musiker brachten die harmonischen Qualitäten des Werks bestens zum Ausdruck, liessen, insbesondere im ersten Satz, die Klangfelder eindrücklich aufscheinen. Wenn sich der Klangzauber der Komposition nicht vollständig entfaltete, dann lag es an den bereits erwähnten akustischen Bedingungen des Orts. Die Musik von Ludwig van Beethoven konnte sich unter diesen Umständen besser entfalten. Auf dem Programm stand dessen Erzherzog-Trio in B-Dur, Op. 97. Die Dimensionen des Werks und seine gesanglichen Anmutungen zeigen den Einfluss des sinfonischen Schaffens. Der reiche, erzählerische Charakter des Trios vermochte sich auch im grossen Raum zu vermitteln. Das Agogische der Komposition, deren teils episodenhafter Charakter nahm hier Gestalt an. Und die Leistungen von Emanuel Ax, Leonidas Kavakos und Yo-Yo Ma waren stupend.
Viel Applaus und Jubel am Schluss. Als Zugabe erklang Musik aus dem Film „Schindlers Liste“. Die Musiker verabschiedeten sich winkend vom Publikum.
Ingo Starz (Athen)