Athens & Epidauros Festival, Odeion des Herodes Attikus
Orchestre Philharmonique du Luxembourg
Konzert vom 17. Juni 2019
Das Philharmonische Orchester von Luxemburg hat unter seinem Chefdirigenten Gustavo Gimeno in den letzten Jahren eine erfreuliche Entwicklung genommen. Momentan befindet es sich auf Tournee und macht nun fuer einen Abend Station im Athener Odeion des Herodes Attikus. Im Zentrum des allgemeinen Interesses steht allerdings mehr die Solistin des Konzerts als der Klangkoerper. Die 1987 in Peking geborene Pianistin Yuja Wang kann bereits auf eine beachtliche Karriere zurueckblicken. Sie studierte am Curtis Institute of Music in Philadelphia und wurde 2007 schlagartig international bekannt, als sie bei Konzerten des Boston Symphony Orchestra fuer Martha Argerich einsprang und das erste Klavierkonzert von Tschaikowsky zur Auffuehrung brachte. Zahlreiche Einladungen renommierter Ensembles folgten: im Jahr 2015 debuetierte sie bei den Berliner Philharmonikern.
Yuja Wang. Foto: Norbert Kniat
Der Athener Auftritt des Luxemburger Orchesters bietet ein erfreulich modernes Programm, welches die chinesische Pianistin gleich in zwei Werken praesentiert: George Gershwins „Rhapsody in Blue“ und Dmitri Schostakowitschs zweitem Klavierkonzert. Gerahmt werden diese Stuecke von Pjotr Iljitsch Tschaikowskys symphonischer Fantasie „Der Sturm“ und Igor Strawinskys Suite „Der Feuervogel“. Das Programm bietet Yuja Wang wie dem Orchester schoene Moeglichkeiten ihre technischen und interpretatorischen Faehigkeiten unter Beweis zu stellen. Im Falle der gefeierten Pianistin, die wie ein Popstar auf der Buehne empfangen wird, bewundert man zwar die Perfektion ihres Spiels, vermisst aber gleichzeitig eine persoenlich gepraegte Sicht auf die Musik.Gershwins „Rhapsody in Blue“ macht Effekt, zumal das Orchester mit grossartigen Blaesereinsaetzen und geschmeidigem Streicherklang punkten kann, zeigt aber zu wenig von der Laessigkeit und Freiheit, die den Jazz eben auch kennzeichnen. Schostakowitschs Klavierkonzert gehoert sicherlich nicht zu den eindringlichsten Werken der Gattung und so bewundert man daran auch mehr eine gewisse Frische und Leichtigkeit, denn interpretatorische Tiefen. Eben diesen Eindruck unterstreicht die Wiedergabe deutlich. Auch wenn Yuja Wang im Zugabenteil Schubert und Bizets „Carmen“ erklingen laesst, wirkt ihr Spiel seltsam kuehl. Die Musik vermag nicht wirklich zu beruehren. Der eigentliche Mittelpunkt des Abends ist der engagierte, praezis die Musik strukturierende Dirigent Gustavo Gimeno. Das Orchester, das beachtliche Qualitaeten zeigt, einen differenzierten Streicherklang und erstklassige Blaesersoli, folgt dem Maestro aeussert aufmerksam. Schon Tschaikowskys „Der Sturm“ zu Beginn beeindruckt durch eine kluge Spannungsdramaturgie, noch mehr nimmt einen „Der Feuervogel“ fuer das Orchester ein. Strawinskys Musik entfaltet sich unter der Leitung von Gimeno in reichen Klangfarben und besten ausbalanciert. Hier verbinden sich technische Praezision und eminente Gestaltungskraft in wunderbarer Weise. Als Zugabe spielt das Orchestre Philharmonique du Luxembourg die Polonaise aus Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“. So endet das Konzert mit einer grossartig gespielten Einladung zum Tanz.
Das Publikum im gut gefuellten Halbrund des Odeions feiert die Solistin wie das Orchester stuermisch.
Ingo Starz