Athens & Epidauros Festival, Odeion des Herodes Attikus
The Roads of Friendship: Riccardo Muti
Riccardo Muti. Foto: Todd Rosenberg
Konzert am 9. Juli 2019
Riccardo Muti kam, dirigierte, sprach – und wurde enthusiastisch gefeiert. Fraglos trat ein bedeutender Maestro unserer Tage im Athener Odeion des Herodes Attikus auf. In einer Zusammenarbeit mit dem Ravenna Festival und unterstuetzt von der Italienischen Botschaft in Athen beschwor die Auffuehrung von Ludwig van Beethovens 9. Symphonie die europaeische Idee und mehr noch die Freundschaft zwischen Griechenland und Italien. Der Abend begann denn auch mit den beiden Nationalhymnen und endete mit einer leidenschaftlichen, kurzen Ansprache von Riccardo Muti, worin der Neapolitaner die Bedeutung der beiden Laender fuer Europa hervorhob. Bei all dem Bekenntnishaften trat die musikalische Qualitaet fuer die meisten Zuhoerer wohl eher in den Hintergrund.
Es ueberraschte nicht, dass an einem Abend, der unter dem Titel „The Roads of Friendship“ stand, Beethovens Neunte zur Auffuehrung gebracht wurde. Muti hatte aus Italien das Jugendsinfonieorchester Luigi Cherubini und den Chor Costanzo Porta mitgebracht. Beide Kollektive wurden um griechische Musiker und Saenger aufgestockt. So waren Mitglieder des Athener Staatsorchester, des Griechischen Jugendsinfonieorchesters und des Radiosinfonieorchesters ERT sowie der beiden staedtischen Klangkoerper mit auf dem Podium. Der italienische Chor wurden durch Saengerinnen und Saenger des Chors der Stadt Athen verstaerkt und die beiden Kollektive wurden von Antonio Greco und Stavros Beris einstudiert. Es ist wohl naheliegend, dass eine solche Gemengelage bei einer kurzen Probezeit kaum Gewaehr fuer eine optimale Auffuehrung des anspruchsvollen Werks bietet. Besonders im dritten und im letzten Satz wurden im Orchester Probleme hoerbar, weil sich die musikalischen Teile nicht recht zu einem Ganzen fuegen wollten. Die organische Struktur der Musik ging mehr und mehr verloren. Daneben gab es auf der Habenseite gelungene Blaesereinsaetze und den Gestaltungswillen des Dirigenten. Der Chor sang solide, das Klangbild blieb aber zu wenig ausgeformt. Das Solistenquartett machte seine Sache besser, wobei der Bass Evgeny Stavinski und die Sopranistin Maria Mudryak positiver hervorstachen als der Tenor Luciano Ganci und die Mezzosopranistin Anastasia Boldyreva. Fuer die knapp zweihundert Beteiligten auf dem Konzertpodium war dies sicherlich ein besonderer Anlass im Odeion des Herodes Attikus, ein Abend praktizierter Voelkerverstaendigung. Betrachtet man Riccardo Mutis Engagement als erzieherische Massnahme, vermag sie tatsaechlich erhebliche Sympathien zu wecken. Angesichts etlicher unruhiger Zuschauer haette der Maestro allerdings das Publikum gleich miterziehen sollen.
Das Publikum feierte am Schluss Riccardo Muti und alle Beteiligten lautstark und mit stehenden Ovationen. Man war wohl zuallererst dankbar dafuer, dass der Maestro den Weg nach Athen gefunden hatte.
Ingo Starz