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ATHEN/ Athens & Epidauros Festival Odeion des Herodes Attikus: ARMONIA ATENEA & JOSEPH CALLEJA

Nuancierte Heldenportraits

30.06.2018 | Konzert/Liederabende

Athens & Epidauros Festival
Odeion des Herodes Attikus
Armonia Atenea & Joseph Calleja
Konzert am 29. Juni 2018

Nuancierte Heldenporträts

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Joseph Calleja. Foto: Athens Festival

Der Umstand, dass sich die Griechische Nationaloper in Athen im Aufwind befindet, heisst (noch) nicht, dass man dort häufig internationale Gesangsstars zu hören bekommt. Umso erfreulicher ist es, dass man nun im Rahmen des Athens & Epidauros Festival Gelegenheit erhielt, in einem Konzert der Gesangskunst von Joseph Calleja zu lauschen. Der aus Malta stammende Tenor hat Ende der 90er Jahre wichtige Gesangswettbewerbe gewonnen und tritt seitdem an den grossen Opernhäusern der Welt auf. Als Cavaradossi und Don José wird er demnächst in München und New York zu erleben sein. Das Programm seines Athener Auftritts im Odeion des Herodes Attikus bot Arien des italienischen und französischen Repertoires, welche die Vorzüge seiner Stimme eindrücklich zur Geltung brachten.

Das Athener Orchester Armonia Atenea, das man im Ausland eher mit dem Barockfach verbinden dürfte, begleitete den Sänger. Am Pult stand der spanische Dirigent Ramón Tebar, der seit 2015 als Erster Gastdirgent am Palacio de las Artes Reina Sofía seiner Geburtsstadt Valencia tätig ist. Tebar gab den italienischen Stücken Drive und Farbe, was schon bei der Ouvertüre zu Verdis „Nabucco“ am Beginn des Abends zu erleben war. Die Werke des französischen Repertoires überzeugten gestalterisch weniger; insbesondere die ohne Gesang präsentierte Barcarole aus Jacques Offenbachs „Le Conte d’Hoffmann“ verlor durch ein zu rasches Tempo viel von ihrem Zauber. Im Ganzen bot das Orchester eine gute Leistung und war dem Sänger ein aufmerksamer Begleiter.

Callejas fokussierter Ton, das schöne, goldschimmernde Timbre seiner Stimme, die Fähigkeiten des Sängers in Punkto Phrasierung, Legato und Piano – all dies machten sein Athener Konzert zu einem grossartigen Erlebnis. Erwähnt seien nur ein paar Beispiele, das Diminuendo etwa auf dem Schlusston der Radames-Arie „Celeste Aida“ oder die eindringliche und facettenreiche Gestaltung der Arie „Oh! Fede negar potessi“ aus „Luisa Miller“ waren Höhepunkte des ersten, dem Werk von Verdi gewidmeten Teil. Nach der Pause starte Calleja mit Don Josés Blumenarie aus Bizets „Carmen“ und überzeugte auch hier durch mühelos klingenden Gesang und grosse gestalterische Fähigkeiten. Wenn es eine Arie gab, die dem Rezensenten besonders ins Ohr ging, dann war es Werthers „Pourquoi me réveiller“ aus Jules Massenets gleichnamiger Oper. Joseph Calleja sang das berühmte Stück mit viriler Eleganz und mit einer gleichsam von der Sonne des Süden gegerbten Stimme. Das beeindruckte und berührte gleichermassen.

Das Publikum im Athener Odeion folgte Callejas Gesang mit grosser Begeisterung. Drei Zugaben gab es am Schluss. Die letzte davon war der unverwüstliche, neapolitanische Gassenhauer „O sole mio“.

Ingo Starz (Athen)

 

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