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ATHEN/ Athens & Epidauros Festival Antikes Theater von Epidauros: DIE FROESCHE

11.08.2018 | Theater

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Copyright: Athens & Epidauros-Festival

Athens & Epidauros Festival/ Antikes Theater von Epidauros

„Die Froesche“von Aristophanes
Premiere am 10. August 2018

Im Club der toten Dichter

Nicht erst in unseren Tagen wird darueber geklagt, dass es keine bedeutenden Dichter mehr gaebe. In Aristophanes‘ Komoedie „Die Froesche“ ist es Dionysos, der bekanntlich fuer das Theater zustaendig ist, der sich in die Unterwelt aufmacht, da er unter den Lebenden keinen gewichtigen Dichter mehr ausmachen kann, welcher der krisengeschuettelten Stadt Athen mit Rat beistehen koennte. Der Gott reist mit seinem Diener Xanthias und erlebt zunaechst einige kleinere Abenteuer, wobei er auch dem abgehalfterten Helden Herakles und den titelgebenden, ein lautes Konzert anstimmenden Froeschen begegnet. Mit der Absicht, Euripides ins Leben zurueckzufuehren, erreicht er Plutos Palast. Dort im unheimlichen Hades zettelt der Gott einen Wettbewerb zwischen Aischylos und Euripides an, in welchem Pluto richten soll. Die beiden Dramatiker legen mit Inbrunst ihre unterschiedlichen Standpunkte dar und geben Kostproben ihres Schaffens zum Besten. Lange bleibt die Situation unentschieden, am Schluss geht jedoch Aischylos als Sieger aus dem Wettstreit hervor. Das Stueck endet damit, dass Dionysos mit Aischylos in die reale Lebenswelt aufbricht – gute Wuensche Plutos mit auf den Weg bekommend: „Glueck auf den Weg, mein Aischylos! Zieh hin und rett‘ uns die teuerste Stadt mit besonnenem Rat und zuechtige scharf die Betoerten: gar viel sind ihrer im Land„. Mit viel Ironie und Sprachwitz, anspielungs- und detailreich zeichnet Aischylos ein Bild der Athener Demokratie am Ende des 5. vorchristlichen Jahrhunderts. Dem Uebersetzer Yorgos Blanas ist eine famose Uebersetzung ins Neugriechische gelungen, die treffende Aktualisierungen aufweist („Bist Du auf Facebook?„). Aristophanes kommt sprachlich so ueber die Rampe, wie er sein sollte: Politisch, anzueglich und volksnah.

Der Regisseur Kostas Filippoglou inszeniert „Die Froesche“ mit einem engagierten Ensemble als pralles Volkstheater. Die Ausstatter Telis Karananos und Alexandra Siafkou haben dafuer den passenden Rahmen geschaffen: Eine Podestkonstruktion, die ein rasches Ab- und Auftauchen des Personals ermoeglicht und leichterhand um wenige Requisiten, wie Tueroeffnungen, ergaenzt werden kann. Die einzelnen Szenen der Komoedie gehen geschwinde und nahtlos ineinander ueber. Die Bewegungschoreografie von Sofia Paschou und die Musik von Nikos Galenianos geben dem Spiel starke Akzente. Dionysos ist mit einer Frau besetzt, was die feminine Seite der Gottheit betont wie parodiert, Pluto kommt gleichermassen als Aufseher eines Gefangenenlager wie eines Bordells daher und der Diener Xanthias ist bauernschlau wie alle Begleiter von Goettern oder Helden. Dier Figuren sind von Filippoglou liebevoll gezeichnet und die Mitglieder des Chors werden geschickt zur Darstellung der unterschiedlichen Handlungsorte eingesetzt. Die Szene mit den Froeschen und diejenige im Hause Plutos sind dabei besonders gelungen. Bisweilen bewegen sich die Akteure wie Comicfiguren oder tragen ihren Text wie Rapper vor: All diese Momente fuegen sich bestens in eine Inszenierung ein, welche der Volkstuemlichkeit des Stoffs vertraut und mit Seitenhieben auf die gegenwaertige Krisensituation nicht spart. Aristophanes‘ „Die Froesche‘ kommen voll Leben und Aktualitaet auf die Buehne: Volkstheater im besten Sinne.

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Copyright: Athens & Epidauros-Festival

Erfreulicherweise versammelt das aufgebotene Ensemble erstklassige Komoedianten. An erster Stelle muss Sofia Filippidou, welche den Dionysos gibt, genannt werden. Sie zeichnet ein ganz und gar „menschliches“ Bild der Gottheit und offenbart dabei einen grossen Facettenreichtum. Lakis Lazopoulos, Dimitris Piatas und Antonis Kafetzopoulos schluepfen in unterschiedliche Rollen – Diener, Herakles, Charon, Pluto, Euripides und Aischylos – und sorgen fuer detailfreudige, humorvolle Darbietungen. Ebenso ueberzeugend spielen die Musiker – Stamatis Pasopoulos und Christoph Blum – auf. Der Chor stuerzt sich mit grossem Elan in seine zahlreichen Aufgaben und gewinnt dem Abend schoene, gestenreiche Bilder ab: Anna Kalaitzidou, Giannis Stefopoulos, Giorgos Symeonidis, Erifili Stefanidou, Tasos Dimitropoulos, Giannis Giannoulis, Dimitris Drosos, Irini Boundali, Foivos Symeonidis, Christos Kontogeorgis und Alexandros Chrysanthopoulos. Alle Beteiligten geben dem Geschehen auf der atemberaubenden Buehne des antiken Theaters von Epidauros den Drive, der eine gute Komoedie auszeichnet.

Das Publikum im gut besuchten Halbrund folgt dem Abend aufmerksam und mit vielen Lachern. Man spuert, dass die zahlreichen Anspielungen auf die Gegenwart wahrgenommen werden. Am Schluss gibt es kraeftigen Applaus.

Ingo Starz (Athen)

 

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