Klavierkabarett mit Prof. Timm Sigg am 19. 10. 2024 im Glasperlenspiel/ASPERG
Der Professor und das liebe Pi
„Ich habe keine Freunde, ich bin Mathematiker“ – so beschrieb Prof. Timm Sigg sich selbst. Sein Programm „Der Professor und das liebe Pi“ hatte es in sich. Denn die Zuschauer konnten hier erfahren, wie viel Musik in Mathermatik steckt. Timm Sigg klärte das Publikum nicht nur über Stochastik und Funktionalanalysis auf, sondern bewies bei seinen „Zahlenliedern“, dass man am Klavier richtig rechnen kann. „Ich rechne gern“, lautete sein Lebenselixier. Dann erklärte er auch den Tritonus und prüfte die politische Gesinnung der FDP-Mitglieder, die alle Krawatten tragen würden. Kabarett und Mathematik würden ebenfalls irgendwie zusammenpassen: Man wolle Menschen glücklich machen – wobei man beim Kabarett oft sehr genau mitdenken müsse. Deswegen holte er einen männlichen Gast aus dem Publikum und machte mit ihm musikalische Zahlen-Späße. „Ich rechne gern“ lautete denn auch ein weiterer Song, bei dem die Oma eine wichtige Rolle spielte. So entstand Tiefgründiges in h-Moll. Sigg klärte sein Publikum über drei Sorten von Menschen auf: Die Nerds, die Mathehasser und den Rest. So präsentierte er am Klavier ebenso fetzig-pfiffige Jazz-Improvisationen. Man erfuhr, wie man mit Ingenieuren umgehen sollte und warum es bald keine mehr geben werde. Der Mathematiker dagegen schien an diesem humorvollen Abend tatsächlich unsterblich zu sein. Manches begann hier in Dur und endete in Moll, auch die akademischen Witze fehlten nicht. „Sie sind meine Therapeuten“, sagte Sigg zu seinem amüsierten Publikum. Ein „Pi-Lied“ schenkte er gar seinem Freund Pit. Und im Mozart-Stil schrieb Timm Sigg auch ein Lied für Pits Mutter Hilde. Es gebe introvertierte und extrovertierte Mathematiker. Und in deutschen Mathe-Schulbüchern spuke immer ein gewisser „Herr Mayer“ herum, der alles besser wisse. Beim Rechnen stelle sich auch für seinen Sohn die Frage, „wie Chantal acht Melonen nach Hause bringt“.
In der Tat brachten nicht nur die „arithmetischen Mittel“ das Publikum zum Lachen. Das Lied „Beim Aldi an der Kass'“ kam dann besonders gut an. Sigg teilte es in einen A- und B-Teil auf – ganz im Sinne der Differentialgleichung. Dann kam es am Klavier zur musikalischen „Eskalation in vier Phasen“. Beim Song „Sicherlich“ durften die Gäste mitsingen. Und selbst Bizets „Carmen“ wurde zitiert. „Über sieben Brücken soll ich geh’n, gab mit Peter Maffay zu versteh’n“ lautete ein weiterer Titel. Das „Sifa-Lied“ erinnerte an eine Sicherheitsfachkraft. Bei den „Doppeldeutigkeiten“ erfuhr man dann, dass Mathematiker nicht viel davon halten. Man müsse sich erst mal selbst finden. Und drei Logiker machten bei Sigg schließlich eine Bar unsicher. Ein Knirps fragte seine Lehrerin, welche Eis essende Frau verheiratet sei. Auch daraus ergab sich ein mathematisches Rätsel. „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an, das sagte mir der Udo…“ lautete ein weiterer ironischer Refrain. Stubenhocker und Sozialautisten wurden bei Timm Sigg einmal mehr karikiert. Nachdem auch ein „Kondom“ den Segen der katholischen Kirche erhalten hatte, verabschiedete sich Sigg mit einem Lied mit verschlüsselter Zahl, wobei er sogar recht sarkastisch Donald Trump erwähnte. Und der Untertitel „Die Leiden des jungen Professors“ sollten an Goethes „Leiden des jungen Werther“ erinnern. Begeisterter Schlussapplaus im Publikum. Dazu kochte Thomas Roll tatsächlich vegetarisch.
Alexander Walther