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ASPERG/ Glasperlenspiel: Kabarett mit Anette Heiter „Der Name der Robe“

19.06.2023 | Theater

Kabarett mit Anette Heiter am 18.6.2023 im Glasperlenspiel/ASPERG

Der Name der Robe

Kabarett „Noch Fragen?“ mit Anette Heiter am 18.6.2023 im Glasperlenspiel/ASPERG Nicht nur als Amtsrichterin ist Anette Heiter froh, dass der Corona-Lockdown beendet ist und sie als Kabarettistin wieder auftreten kann. Im Sinne der Gastronomie beurteilte sie zunächst die verschiedenen Gerichtsbarkeiten. Auf der 3-Sterne-Ebene befinde sich in jedem Fall das Bundesverfassungsgericht, während die Oberlandesgerichte eher Gute-Sterne-Gerichte seien. Bei den Landgerichten bekomme man dann eine ordentliche Portion, während die Amtsgerichte eben doch nur die Bratwurstbude der Jusitz seien. „Justiz auf Rädern“ gebe ihr jedenfalls die Möglichkeit, die Leute nicht nur in Handschellen zu sehen. Die Justiz habe einen nicht wahnsinnig guten Ruf. Da würde der Rang des Inspekteurs bei der Polizei auch nicht viel helfen. Und wenn man dann als Innenminister einen Strafbefehl bekomme, weil man gewisse Dinge an die Presse gegeben habe, sei auch dies nicht ganz so schlimm. Anette Heiter nahm sich natürlich auch dem Thema Ehe an. Die Hälfte aller Ehen würde unglücklich verlaufen, die andere Hälfte werde geschieden.  Das Kauderwelsch der juristischen Sprache war ihr ebenfalls eine besondere Betrachtung wert: „Der Jurist ist nicht wirklich verrückt, er spricht nur so.“ Das alles gleiche chinesischen Gebrauchsanleitungen. Nur wenige Juristen hätten beispielsweise den Untergang der Titanic überlebt. Warum studiere ein junger Mensch Jura? Das Fach gelte leider als „unsexy“. Angesichts einer Umfrage an ihrer alten Uni hätten ihr junge Frauen versichert, dass sie Jura studieren wollten, um nette Männer kennenzulernen. Und die jungen Männer würden einfach nur erwidern: „Ich studiere Jura, um nette Mädels kennenzulernen.“ Als Amtsrichterin habe sie ein intensives Interesse an Moral und Gerechtigkeit. Erzieherin und Lehrerin seien ihr ein Graus. Das Familienrecht sei in jedem Fall höchst problematisch, denn heutzutage werde jede zweite Ehe geschieden. Das gelte übrigens auch für Neunzigjährige. Und auch das Handy sei Scheidungsgrund Nr. 1. Wenn man beispielsweise eine SMS mit „Schatz, du warst großartig gestern“ erhalten würde, wäre dies für jede Ehe ein Stresstest. So führte Anette Heiter das Publikum gekonnt durch die wunderbare Welt des deutschen Scheidungsrechts. Die Justiz werde so immer mehr zum modernen Dienstleistungsunternehmen. Und so ergab sich auch der Refrain „Jetzt wird geschieden“ wie von selbst. Die Hausratsauseinandersetzung solle man aber bitte nicht vor Gericht bringen, denn da würden dann alle durchdrehen. Neben Anekdoten von der Nachbarin „Schnucki“, die Post vom Anwalt bekomme, stellte Anette Heiter noch die mobile Urteilserklärungsstelle per Telefon vor, wobei der Augsburger Robenstreit eine große Rolle spielte. Der Anwalt wurde hier nämlich nur mit Robe akzeptiert. Selbst ein Paar, das in einem Parkhaus Sex auf der Motorhaube hatte, sei auf Schadenersatz verklagt, aber nicht verurteilt worden. Der Sex habe nur 9 Minuten gedauert. Ein Postbeamter sei allerdings wegen Exhibitionismus verurteilt worden. Im Jura-Studium wäre dann behauptet worden, dass kein Mensch Juristen brauche.  Für Frauen sei das Richteramt allerdings sehr gut, weil sie dort nämlich mehr Zeit für die Familie hätten. „Es ist strafbar, einen Polizisten Mädchen zu nennen“, so Anette Heiter weiter. Fatalerweise habe jedoch der Ausdruck „Ficken“ keinen eindeutig sexuellen Bezug und falle deswegen nicht unter das deutsche Strafrecht. Eine Richterin habe auch ein Ermittlungsverfahren wegen Furzens eingestellt. Die Frage „Ist Pupsen hinter einer Polizistin eine Beleidigung?“ sei also weiterhin ungeklärt. Das Jurastudium bezeichnete sie aber als die Hölle. „Wenn die Nichte eher zart besaitet ist, rate ich zur Metzgerslehre“, bemerkte Anette Heiter. Es gab an diesem Abend aber auch gute musikalische Einlagen. So konnte man „Mit 88 Jahren fühlt sich der Anwalt jung“ frei nach Udo Jürgens oder „Kann denn Lüge Sünde sein?“ nach Zarah Leander hören. Selbst an Helene Fischer wurde beim parodierten Song „Ahnungslos durch die Nacht“ erinnert. „Keinen Schimmer wie man’s macht“, lautete der Refrain. Und das Publikum durfte Fragen stellen, die zuvor in einen Briefkasten geworfen wurden: „Wie werde ich meinen Mann los, ohne Schulden zu haben?“ Anette Heiter empfahl zudem das juristische Standardwerk „Der Name der Robe“ nach Umberto Eco.  

Alexander Walther

 

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