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KARLSRUHE/ Badisches Staatstheater: TOLOMEO, RE D’EGITTO von G.F. Händel

15.02.2020 | Oper

Jakub Józef Orliński (Tolomeo), Louise Kemény (Seleuce)
Foto: Louise Kemeny, Jakub Jozef Orlinski, (c) Falk von Traubenberg

Karlsruhe: Tolomeo, Re d’Egitto von G.F.Händel   Premiere 14.2.2020

Zur Eröffnung der Internationalen Händel-Festspiele wird die unbekannte Händel-Oper Tolomeo, Re d’Egitto, ausgegraben und von den Deutschen Händel-Solisten unter der Leitung von Francesco Maria Sardellli, Regie: Benjamin Lazar, erstmalig in diesem Rahmen präsentiert. Händel hat sie nach seiner Rückkehr aus Italien für sein Haymarket Theater in London neben den Werken Riccardo Primo und Siroe komponiert, danach musste er aber Konkurs anmelden. Immerhin konnte er aber seinen Tolomeo mit den damals besten SängerInnen herausbringen: Francesca Cuzzoni, Fausta Bordoni sowie seinem Lieblings-Countertenor, dem Kastraten Senesino.

Zum Inhalt: Tolomeo ist von seiner Mutter Cleopatra, der Königin von Ägypten, nach Zypern verbannt worden, weil sie ihm seinen jüngeren Bruder Alessandro vorzieht. Damit hat er auch seine Freundin Seleuce verloren, die er für tot hält. Auf Zypern lebt er als Hirte Osmin. Am Strand möchte er sich aus Verzweiflung das Leben nehmen. Da sieht er einen ohnmächtigen Schiffbrüchigen an Land geschwemmt kommen und rettet ihm das Leben. Als er aber in ihm seinen Bruder Alessandro erkennt, flieht er davon. Alessandro wird von Elisa, der Schwester des Insel-Regenten Araspe entdeckt und verliebt sich in sie unerwidert, da sie sich bereits in den Schäfer Osmin verguckt hat. Araspe ist seinerseits in die schöne Schäferin Delia verliebt, diese ist aber niemand anderes als Seleuce, die hier ihren Tolomeo vermutet. Nach wirren Liebes- und Eifersuchtshändeln gelingt es Alessandro, der nach dem Tod Cleopatras seinen Bruder  als rechtmäßigen Herrscher auf den Thron bringen will, die Liebenden wieder zu vereinigen, indem er die bei Araspe Gefangenen befreit. Vorher hatte Elisa einen Gifttrank, den sie Tolomeo gebot einzunehmen, mit einem Schlafmittel vertauscht.

Händel hat die intime Liebe und die reziproke Eifersucht, auf fünf Personen verteilt, in gefühlt 20 Arien vertont, die auch alle mit viel Naturlyrik vequickt sind. Natürlich gibt es auch ein Duett der sich wiedererkennenden Liebenden. Dem Orchester hat  der Maestro aus Halle auch einen  großartigen Part zugewiesen, der von den Deutschen Händel-Solisten grandios zum Erklingen gebracht wird. Federico M.Sardelli hält sie wechselweise zu rasant harsch akzentuiertem historisch informiertem Spiel an oder zu einer schön langsam dahinplätschernder Gangart an, dabei sämtliche überbordenden Gefühle auskostend.

Für eine sehr austarierte psychodramatische Bewegungsregie stehen Benjamin Lazar und seine Mitarbeiterin Elizabeth Calleo ein. Adeline Caron baut ihnen ein Gemach, das die Bühne weitläufig von hinten begrenzt. Die Natur kann aber quasi eindringen mittels Videos u.a.eines wie verzauberten Waldes, die auf die Glas-Rückwände projiziert werden (Yann Chapotel). Auch das Meer, das sich immer aggressiver an schwarzen Felsen bricht und schließlich das Gemach überflutet, wird gezeigt. Dann dringen von oben auch Quallen wie weiße Leuchten ein. In diesem Raum bewegen sich die Darsteller manchmal wie in Zeitlupe, aber auch in tanzähnlichen Schrittkombinationen, oder sie versinken in Schlaf. Die Kostüme erscheinen dabei sehr heterogen: Seleuce in fließenden teils glänzenden langen Schäferinnen-Gewändern, Elisa als Herrin von Zypern edel gewandet mit viel Kopfschmuck, Tolomeo in heutig eleganter Freizeitkleidung, Alessandro in buntem Outfit und Trenchcoat, Araspe in vornehm schwarzer streng körperbetonter Kleidung (Alain Blanchot). 

Araspe wird von Morgan Pearse mit knackigem Baßbariton, der auch in einigen Arien richtig auftrumpft, gesungen. Den Alessandro singt Meili Li als erster chinesischer Countertenor mit schön fließender für sich einnehmender Stimme. Die Elisa der Eleonore Pancrazi kann mit einem teils berückenden. immer sehr pointiert gesetztem Mezzosopran aufwarten und überzeugt in ihren vielfältigen von konträren Gefühlsstürmen bewegten Koloraturarien. 

Die Seleuce wird von Louise Keméni mit einem fast mädchenhaften Sopran gegeben, in den sie aber ihre Sehnsucht nach dem verloren geglaubten Geliebten stark einfließen läßt. Ihr konsistentes schön ausgesungenes Legato in der Koloratur spricht schon jetzt eminent für die junge Britin.

Den Tolomeo gibt der polnische shooting star Jakub Jozef  Orlinski. Im 1.Akt wirken seine Gesänge, Relexionen & Arien noch manchmal etwas spröde. Nach der Pause kann er aber seinem schon hinreißend animiertem Counter ganz vertrauen. Man könnte ihn als warm und dunkel einschmeichelnd timbriert beschreiben. Die sehr virtuosen Passagen hat er technisch bestens im Griff. Man möchte ihm demnächst wieder begegnen.                     

Friedeon Rosén

 

 

 

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