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ANTOINE & JEAN-BAPTISTE FORQUERAY ou les tourments de l’âme. Gesamtwerk für Viola da Gamba und Cembalo, harmonia mundi, 4 CDs

02.03.2018 | cd

ANTOINE & JEAN-BAPTISTE FORQUERAY ou les tourments de l’âme

Gesamtwerk für Viola da Gamba und Cembalo, harmonia mundi, 4 CDs

 

Antoine und sein Sohn Jean-Baptiste waren als Gambisten und „Hofsänger“ am Hofe Ludwig XIV. bedeutende Musiker der Königskammer. Mit ihnen erreichte die virtuose Gambentradition in Frankreich ihren Höhepunkt. Allerdings war das Verhältnis zwischen Vater und Sohn, beides frühreife und wohl auch eitle eifersüchtige Wundergeschöpfe, Solisten, Komponisten und Lehrer, nicht friktionsfrei. So klagte Antoine seinen Filius Jean-Baptiste, ließ ihn zeitweilig ins Gefängnis werfen und aus Frankreich ausweisen, um einen unliebsamen Konkurrenten los zu werden. Der Sohn war aber auch nicht viel besser. Er hat wahrscheinlich eigene Werke unter dem Namen des Vaters, dessen Ruhmes (und daher des Geldes) wegen, veröffentlicht. Ist das mit ein Grund, warum von Antoine so viel, vom Sohn nur weniges erhalten geblieben ist? Jedenfalls bietet die Vita der beiden genügend Stoff, um die faszinierende Musik mit romanhaften Lebensgeschichten und barockem Lebenskünstlertum anzureichern.

 

Die vorliegende Box vereint erstmals auf vier CDs nicht nur das reiche Schaffen der Familie Forqueray, sondern enthält auch Kompositionen von Zeitgenossen, die als Huldigung an Antoine und Jean-Baptiste entstanden sind. Darunter finden sich immerhin so illustre Kollegen wie Jean-Philippe RameauFrançois Couperin oder Charles-François Clément. Eine Bonus CD enthält eine theatralisch deklamierte, „musikalisch unterlegte Biographie unter dem Titel „Les Forqueray à l’épreuve des tourments“ mit Nicolas Lormeau von der Comédie-Française als Sprecher.

 

Das Schaffen der Forqueray besteht aus fünf Suiten abwechselnd für Cembalo und Gambe samt Basso continuo geschrieben, das Manuscript de Lille mit drei Stücken für zwei Cembalos und die Sammlung „Recueil de pièces de violle avec la basse tiré des meilleurs autheurs“ für Viola da Gamba und Basso continuo.

 

Michèle Dévérité (Cembalo) und Kaori Uemura (Viola da Gamba), die beiden hervorragenden Solisten des editorischen Großunterfangens, werden fallweise noch unterstützt von Ryo Terakado (Violine), Ricardo Rodriguez (Continuo) und Robert Kohnen (Cembalo). Michèle Dévérité spielt auf drei verschiedenen Instrumenten, zwei französischen und einem deutschen. Das gibt den einzelnen Sätzen unterschiedliche Couleurs, ohne bei Dynamik und Tempi in „exotische“ Experimente verfallen zu müssen. Freunde französischer Alter Musik werden diese liebevoll editierte Ausgabe garantiert mögen, aber auch Neugierige sollten bei diesem bislang kaum bekannten Aperçu auf die hochbarocke Kulturgeschichte Frankreichs auf ihre Rechnung kommen.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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