Altenburg: Der Rosenkavalier 25.12.2015
>Gewidmet dem am 24.12.verstorbenen Wiener Musiker und Juristen Dr.Gerhard Kramer,in dessen Chor der Piaristenkirche ich 1985/86 mitsingen konnte, und dem damals auch die Choreinstudierung zu Barockopern in der Wr.Unversitätskirche oblag. Weiters war er mir ein Vorbild als Opernkritiker.<
Im Theater Altenburg, der ostthüringischen Skat-Stadt, wurde an Weihnachten die Produktion des Rosenkavaliers von Theater&Phiharmonie Thüringen aus 2014 gespielt. Es ergab sich eine ganz prächtige Aufführung, die den hohen künsterischen Standard derTheatergemeinschaft der Städte Gera und Altenburg belegte. Natürlich ist hier Strauss‘ Rosenkavalier auch Chefsache, und GMD Laurent Wagner leitet das Philharmonische Orchester souverän. Es gelingt, die verschiedenen oft doch sehr heiteren musikalischen Stimmungen „komödienhaft“ einzufangen, aber auch in den resignierteren Passagen einen edlen Ton zu treffen. Bei den walzerseligen Momenten stellt sich überschäumender Drive ein, von den vielfältig beteiligten Instrumenten allesamt ausgekostet,und die nachspielenden schlanken Vibraphone wollen den ach so schönen Augenblick für ewig festhalten.
Auch die Inszenierung von Maximilian v.Mayenburg hält sich an die Vorgaben der Autoren zum Wien zum Beginn der Regierungszeit Maria-Theresias, in der es aber noch keinen Walzer gab. Der Pro- und Epilog mit dem „kleinen Neger“ wird aber zugunsten einer Pantomime weggelassen, die den Octavian mit Flügeln auf einer Barke zusammen mit einem Kapuzinermönch ins Gemach der Marschallin hineinsegeln sieht, so wie er am Ende quasi wie Lohengrin zur Bestürzung der Damen wieder abreist. Also ein Beglücker nur auf Zeit, auch für die Sophie.- Die Bettszene findet weitgehend sichbar unterm Laken statt, beim schrillen Auftreten des Barons verschwindet Octavian unter dem Frühstückstisch, um dann wieder als ausgesprochen aufzeizende Kammerzofe wieder aufzutauchen. In Faninals Palazzo wird Sophie vom Vater gleichsam auf dem Boden an den Haaren hereingezerrt, denn sie will die Verbindung mit Ochs von Anfang an verhindern. Dem äußerst schmucken hoch gewachsenen Rosenkavalier in barockem Silberkostüm ist sie aber gleich verfallen. Noch einmal ganz schrill erscheint, wenn Ochs v.Lerchenau auf der Speisetafel hingestreckt hereingefahren kommt.
Schlichter wird es im 3.Akt, wo die drei hinteren Holzwände sich nur für Octavian und seine Verbündeten, nicht für den Ochs öffnen lassen. Der Polizeikommissar erscheint auf einem aus der Unterbühne hochgefahrenen ominösem Podest und wie ein Richter mit weißer Perücke, und der Wirt findet immer amüsante Wege zwischen den aufgebrachten Parteien. Die heulenden Waisenkinder verstecken sich zwischendurch unter dem großen Rock der Annina. Vincez Gertler hat die Bühnenbilder ganz funktional, gut bespielbar und weniger pompös gebaut. Die Pracht liegt in den Kostümen von Gabriele Jaenecke. Während die Standespersonen sich genau an die Kostümordnung halten, wobei große Rokokoroben zum Einsatz kommen, ist die „Bagagi“ und die ‚Gang‘ des Ochs ganz phantastisch-fantasiereich ausstaffiert.
Drei adelige Waisen in sehr harmonischem Terzett fein gesungen werden von Kathrin Rieger-Loeck, Claudia Müller und Valentina Koshmanova gegeben. Den köstlichen Wirt singt Günther Markwarth mit ansprechend persiflierendem Tenor. Der Sänger wird als gealterter Barocktiger im Rollstuhl gezeigt, und Jeon Jueun singt ihn wie auch den Haushofmeister tenoral klangrein, aber mit leicht hörbaren Übergängen in der hohen Tessitura. Den Polizeikommissat/Notar gibt Magnus Piontek mit gepflegt ruhigem Baß. Valzacchi und Annina sind ein hübsches Tenor-Alt-komplementäres Intrigantenpärchen, und Kathrin Filip die Leitmetzerin mit spitz-keckem Sopranleicht hysterisch. Ihr Arbeitgeber Faninal mit rot aufgetürmter Perücke und flexibel pointiertem Bariton ist Johannes Beck. Die Sophie wird lieb hinfällig-anlehnungsbedürftig gespielt von Akiho Tsujii, gesungen am rechten Proszenium mit schönem in der Höhe klangreichem Sopran von Steffi Lehmann. Einen jugendlich dramatischen Sopran mit viel Klangsubstanz stellt Christel Loetzsch als Octavian. Ganz exzellent im Spiel kommt Tobias Pfülb als Ochs herüber und singt dabei einen gekonnt sicher phrasierten teils ausladenden Baß. Einen Hochgenuß und Balsam stellt aber die Stimme von Anne Preuß als Feldmarschallin dar. Fast auch eine Augenweide zieht ihr schlackenloser Sopran immer wieder in Bann und läßt sie auch das Schlußduett mit Rofrano und Sophie hingebungsvoll anführen.
Friedeon Rosén