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7 CD-Box: FRANZ SCHUBERT – Gesamtwerk für Klavier vierhändig – GEISTER DUO; Mirare

03.03.2025 | cd

7 CD-Box: FRANZ SCHUBERT – Gesamtwerk für Klavier vierhändig – GEISTER DUO; Mirare

geister

David Salmon und Manuel Vieillard mit 29 großteils kaum bekannten Fantasien, Variationen, Märschen, Divertissements, Ländler, Polonaisen, Rondos und Ouvertüren

Die beiden französischen Pianisten entschieden sich während ihres Studiums am Conservatoire à Rayonnements Régional de Paris dazu, als „Geister Duo“ zusammen zu musizieren. Nach dem erklärten Wunsch der Künstler wollen sie sich nicht wie zwei Solisten begegnen, sondern als echtes Kammermusikensemble wirken. Der Name „Geister Duo“ geht auf Robert Schumanns letztes Klavierwerk, die „Geistervariationen“, zurück. Auf das Thema des Werks stützte sich sodann Johannes Brahms bei der Komposition der Variationen op. 23 für Klavier zu vier Händen. Ihre Aufnahmefähigkeit für das Label Mirare startete mit einem Album. gewidmet Werken von Schumann, Brahms und Dvořák, ein weiteres mit Klaviermusik von Debussy und Stravinsky folgte 2023. Nun legen sie mit der Veröffentlichung des Gesamtwerks von Schubert für Klavier zu vier Händen eine hinreißende Hommage an den Komponisten und Menschen Schubert vor.

Vom Deutsch-Verzeichnis Nr. 1, einer Fantasie in G-Dur des 13-jährigen Franz, bis zum pianistischen Spätwerk, D. 968 (Allegro moderato und Andante), D. 968a (Variationen über ein Originalthema mit einer Introduktion in B-Dur) und 968b (zwei Märsche in C-Dur) reicht die Bandbreite der auf der vorliegenden Box zu hörenden Kompositionen. Sie entstanden von 1810 bis 1828, bilden also zeitlich die gesamte tonsetzerische Schaffensspanne des Komponisten ab.

Da gibt es Staunenswertes – und das nicht zu knapp – zu entdecken und lieben zu lernen. Das Publikum darf sich direkt in einen biedermeierlichen Salon versetzt fühlen, wo das Musizieren im trauten Kreise Gleichgesinnter all dieser teils tänzerisch populären, teils sehr anspruchsvollen Nummern durch Amateure wie Profis á la mode war.

Das Geister Duo darf sich rühmen, mit dieser genussreichen Edition den so wienerischen Tonfall Schuberts, seinen Übermut und seine Melancholie, das Temperament der Ländler, Märsche und Polonaisen, aber auch die Fugen mit bestechendem Tastenzauber und unglaublich differenziert ausgeformten Anschlagsvarianten, die die beiden auf Lager haben, eingefangen zu haben.

Besonders gefallen mir neben den „Partyreißern“ die drei frühen Fantasien in G-Dur D. 1, g-Moll D. 9 und c-Moll D. 48. Sie sind schon deshalb hervorzuheben, weil sie in der gängigen Aufführungspraxis vom Wunderwerk der späten Fantasie in f-Moll, D. 940 völlig verdeckt sind. In ihrer traumbeseelten Poesie, der schier unversiegbaren thematischen Invention und dem unbefangenen Spiel mit Harmonien bereiten sie pures Vergnügen.

Beim Hören der beinahe acht Stunden Musik kommt dank Schuberts unvergleichlicher Kunst und der berauschenden Interpretationen in keiner Sekunde so etwas wie Langeweile auf. Dem Geister Duo ist zuzustimmen, wenn es die Klaviermusik Schuberts zu vier Händen als einen essentiellen Korpus bezeichnet, wie es die 32 Klaviersonaten Beethovens sind. Wer würde den beiden Musikern widersprechen, wenn sie zum Schluss kommen, dass Schuberts Werk für Klavier zu vier Händen wie kein anderes Genre alle Inspirationen, Facetten und Stimmungen seines Urhebers, seien es orchestrale und sangliche Effekte, Brillanz und Intimität, Anspruch und Leichtigkeit, Gefühl und Imagination miteinander in Einklang zu bringen vermag.

Fazit: Besonders wertvoll und unendlich unterhaltsam. Entdecken Sie Schubert neu!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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