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LÜBECK/ Theater: TRISTAN UND ISOLDE

26.05.2025 | Oper international

Lübeck / Theater: „TRISTAN UND ISOLDE“

Besuchte Vorstellung am 25.05.2025

triC
Copyright: Jochen Quast

Nun darf auch ich nach Kollege Herrn Wolfgang Schmitt sowie unserer Chefredakteurin Frau Dr. Sieglinde Pfabigan mit meiner zum Segen der Opernwelt, noch unentdeckten Baritonstimme die Lobeshymne zu „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner nach meinem Besuch im Theater Lübeck mit anstimmen. Über die geniale Inszenierung von Stephen Lowless, dessen vorzüglichen Bühnen- und Kostüme-Ausstatter Frank Philipp Schlößmann sowie der wunderbar stimmigen Licht-Regie durch Falk Hampel wurde bereits ausführlich vollen Lobes berichtet, sodass ich mich lediglich den musikalischen Komponenten widme.

Als ich vor zwei Jahren Lena Kutzner in Meiningen in der Rolle der Elsa erlebte, dachte ich so bei mir „das Mädel hat schon das Potenzial einer Isolde“ und lag mit meiner Einschätzung in keiner Weise daneben. Während hundertfachen Besuchen meiner Lieblingsoper erlebte ich seit 1960 bis dato 66 verschiedene Interpretinnen u.a. von hohem Rang und so überraschte es umso mehr einer Sängerin der jüngeren Generation mit derart ungewöhnlichem Qualitäts-Level zu begegnen. Als phänomenal darf man die Leistung der Isolden-Debütantin bezeichnen. Dank der vortrefflichen Personenregie interpretierte Lena Kutzner die irische Maid textkonform im Einklang mit der Musik auf hinreißende Weise. Ohne Fehl und Tadel entfaltete sich der wunderschön timbrierte Sopran zu expansibel-dynamischem Wohlklang welcher in keinem Moment an voluminöser Elastizität verlor, zum klaren Silberstrahl des schier unbegrenzten Höhenbereiches überzeugte die Sängerin ebenso mit warmen, fülligen Soprantönen, herrlichen Farbnuancen und emotionsreichen Passagen. Ihr finales Mild und leise riss regelrecht, pardon vom Hocker! Ich freue mich bereits auf die Wiederbegegnung mit der vielseitigen Künstlerin im Juni in Meiningen.

Ric Furman war ein Tristan von Format, ich hatte den US-Tenor, damals noch „Richard“ als Siegmund in Wiesbaden und Magdeburg in nachhaltiger Erinnerung, überzeugte nun in natürlicher Stimmentwicklung mit einer famosen Darbietung. Optisch wie darstellerisch überzeugte Furman mit glaubwürdiger Rollenidentifikation und überraschte mit strahlkräftigem Höhenglanz, wunderbaren Mezza-voce-Phrasen, sehr schönem tenoralem Timbre, vokaler in sich steigernder Ausgeglichenheit gleichwohl im fließenden Legato wie auch den metallisch-virilen Ausbrüchen im dritten Aufzug.

Darstellerisch imposant, sanglich sehr klangintensiv gestaltete Marlene Lichtenberg die treuergebene Brangäne, beeindruckte mit glanzvollen, farbenreich intonierten Paletten ihres herrlich strömenden Mezzosoprans mit dem unglaublich herrlich aufblühenden Höhen und krönte ihren Vortrag mit einem weichfließenden traumhaft gesungenen Wachgesang.

Mit hohem baritonalem, klangschönem Bariton sang Steffen Kubach den darstellerisch intensiven Kurwenal und schenkte der Partie ein markantes ausgezeichnetes Vokal-Profil.

Voluminös trumpfte Runi Brattaberg als zuweilen larmoyanter König Marke auf, seine Klagen verloren im Verlauf des Abends leider immer mehr an Basstiefe und Spannkraft.

Bestens mit schöner Tenorstimme schenkte Noah Schaul den Partien Junger Seemann/Melot/Hirte glaubwürdige Vokalise, ebenso Viktor Aksentijevic dem Steuermann.

Viril, agil präsentierten sich die Herren vom Chor und Extrachor des Theaters Lübeck.

Ein weiteres musikalisches Highlight bot das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck unter der Stabführung von GMD Stefan Vladar. In bewundernswerter klangästhetischer Dichte erhoben sich die ersten Takte des Vorspiels, formierten sich

allmählich von elegischer Transparenz zu dynamischen Instrumental-Couleurs gipfelnd im überwältigenden Rausch der Liebesekstase, ließen bereits die folgenden musikalischen Klangorgien erahnen. Großartig führte der einfühlsame Dirigent das bestens disponierte Orchester durch Wagners narkotische Musik. Atmosphärisch erhoben sich die dramatischen Pentimenti des ersten Aufzugs, fulminant, sinnlich umflort, weitausschwingend ertönten die Hymnen der Nacht und der Liebe, regelrecht überwältigt wurde man bar der prächtig ausmusizierten magischen Valeurs durch die präzise aufspielenden Instrumentalgruppen. Gewiss die Tristan-Noten beherbergen kein Kammerspiel und Vladar ließ es zuweilen an leidenschaftlichen Forteausbrüchen nicht mangeln, dennoch hatte der versierte GMD die Bühne stets im Auge und gab seinen Solistinnen und Solisten genügend Spielraum zu Atmen.

Das aufmerksame lauschende sehr ruhige Publikum bejubelte alle Beteiligten ausdauernd mit unbändiger Begeisterung.

Gerhard Hoffmann

 

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