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Dilm: BABYGIRL

Faszinierender Selbstzerstörungstrip

28.01.2025 | FILM/TV, KRITIKEN

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Filmstart: 30. Jänner 2025
BABYGIRL
USA  /  2024
Drehbuch und Regie: Halina Reijn
Mit: Nicole Kidman, Harris Dickinson, Antonio Banderas u.a.

Faszinierender Selbstzerstörungstrip

Die schöne Dame ist sicher kein Girl und auch niemand, den man „Baby“ nennen würde. Sie ist eine (auch dank Botox) wohl erhaltene Schönheit in ihren mittleren Jahren, leitet eine Firma, hat einen sympathischen, soften Gatten, der durchaus sexuell an ihr interessiert ist, und zwei Töchter, plus minus 20, eine davon lesbisch – also alles ganz normal. Was will sie denn noch?

Wahrscheinlich, so kann man nur vermuten, ist in ihrem Leben alles zu glatt gegangen, ohne wirkliche Aufregung, ohne tiefer gehende Emotionen. Denn als in ihrer Firma ein junger Frischling auftaucht, der sich durch herausforderndes Benehmen auszeichnet, sendet sie widersprüchliche Signale – ja, vielleicht und gleichzeitig nein, natürlich nicht. Genau das, was echte Männer in Gang bringt. Man kann nicht sagen, dass die reife Frau den jungen Mann verführt, aber eines ist klar: Als sie sich auf immer zügellosere, erniedrigendere Sexspiele mit ihm einlässt, gibt sie jede Überlegenheit auf, die ihre gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, und will nur noch mehr von allem Obszönen, das er ihr abverlangt… erniedrigt zum „Babygirl“ eines Mannes, der im Vergleich zu ihr ein Niemand ist.

Das wäre, zumal die Sexszenen saftig sind, vielleicht nur ein Porno für den Videomarkt, hätte die niederländische Regisseurin Halina Reijn nicht viel mehr gewollt und erreicht. Es ist übrigens erstaunlich angesichts ihres Kinoerstlings, „Bodies Bodies Bodies“, wo eine Handvoll junger Bobos einander horrormäßig killten, nun eine vergleichsweise so sensible Frauengeschichte zu sehen.

Ja, es geht hier um Sex  wie etwa auch in „Queer“, der Homosexuellen-Geschichte mit David Craig: Beide Filme gehen in dem, was sie zeigen, sehr sehr weit, klammern nur die Genitalien aus, damit aus dem Soft Porno kein Hard Porno werde, wollen aber mehr erzählen. Von Sehnsüchten, Abhängigkeiten, von Selbstzerstörung.

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Nicole Kidman war immer eine nicht nur exzellente, sondern auch risikofreudige Darstellerin, aber so weit wie mit dieser Romy ist sie noch nie gegangen. Da weiß eine Erfolgsfrau, die ihrem Mann (ungemein woke und sympathisch: Antonio Banderas) wirklich nichts vorzuwerfen hat, dass sie mit dem, in das sie hineingeraten ist, ihre ganze Existenz zerstören kann – und vermag sich nicht zu helfen…

Das muss man einmal spielen, und Nicole Kidman macht das ohne jegliche Theatralik grandios, geht zart und hilflos auf diesen Selbstzerstörungstrip, wohl auch durch die Hilfe einer Regisseurin, die ihr eigenes Drehbuch und ihre eigene Figur nie voyeuristisch ausschlachtet…  Dennoch gab es keinen „Golden Globe“ für die Kidman, und für den „Oscar“ wurde sie gar nicht erst nominiert. Was wohl nur beweist, wie sehr die Geschichte peinlich und quälend unter die Haut gehen kann…

Der Schwachpunkt des Films mag der junge Mann sein: Harris Dickinson wirkt einfach zu uninteressant, als dass man ihm die sadistische Ader, die er hier ausspielt, abnehmen würde, sieht auch nicht wirklich besonders gut aus. Da müsste ein junger Alain Delon (oder ein Antonio Banderas, als er noch jung war…) Attraktivität und Gefährlichkeit in jenem Ausmaß versprühen, dass man (zumindest als Frau im Zuschauerraum) der Heldin noch faszinierter in ihren Abgrund folgen könnte.

Renate Wagner

 

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