Dresden/Kulturpalast: SONDERKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE MIT RUDOLF BUCHBINDER UND MOZARTS KLAVIERKONZERTEN – 11.10.2024
Vor ihrer Tournee nach Salzburg, Regensburg, Hamburg und Essen (13.-18.10.) ließ die Sächsische Staatskapelle Dresden in einem Sonderkonzert einen Tag vor ihrer Abreise das Dresdner Publikum am Tourneeprogramm teilhaben. Auf dem Reiseprogramm stehen ausschließlich Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart mit Rudolf Buchbinder, dem langjährigen Wegbegleiter der Kapelle, als Solist, der die Konzerte auch vom Flügel aus leitet. Von den insgesamt sechs Wiener Klavierkonzerten (Nr. 20‑ 24, 27), die bei den Tourneekonzerten erklingen, waren im Dresdner Kulturpalast in einer grandiosen Steigerung die Konzerte Nr. 27, 21 und 20) zu hören, bei deren Uraufführungen Mozart selbst am Klavier saß und Furore machte.
In diesen Konzerten verbindet Mozart Elemente aus Sinfonie und Oper, experimentiert mit der Form und bringt Neues, wobei bereits die Romantik ein wenig „wetterleuchtet“. Neben der Oper war Mozart in der Gattung Klavierkonzert am innovativsten. Im Klavierkonzert hat Mozart das letzte Wort in der Verschmelzung des Konzertanten und des Sinfonischen gesagt … eine Verschmelzung zu einer höheren Einheit …“ konstatierte Alfred Einstein.
Mit der Auswahl der Konzerte zeigte Buchbinder die Entwicklung der Neuerungen zwischen 1785 und 1791 in umgekehrter Reihenfolge, beginnend mit dem letzten Klavierkonzert Mozarts, dem heiteren „Klavierkonzert Nr. 27 B‑Dur“ (KV 595), in dem schon die Klangwelt der „Zauberflöte“ anklingt und das Refrainthema des „Rondos“ im „Frühlingslied“ („Komm lieber Mai und mache …“) wiederkehrt und seinen letzten öffentlichen Auftritt dieser Art bedeutete, über das „Klavierkonzert Nr. 21 C‑Dur (KV 467), bis zu dem düsteren „d -Moll-Konzert“ (KV 466) mit der unverkennbaren Nähe zum „Don Giovanni“.
Allein, mit welch bewegender Hingabe, Klangschönheit und Verve Buchbinder die ausgiebigen Solopassagen zu Gehör brachte, war bewundernswert. Sie perlten flüssig über die Tasten. Sein klangvoller, fein differenzierender Anschlag ließ Mozarts geniale Komposition in schöner Weise erstrahlen – eine bewundernswerte physische und psychische Leistung und große Wirkung. So oft man die Konzerte auch gehört hat, wirkten sie wieder neu und erfrischend, geheimnisvoll und begeisternd.
Es gab wunerbare Momente, wie sie, nicht zuletzt von einem glücklichen Zufall abhängig, im Zusammenwirken von Solist und Orchester selten sind. Buchbinder brillierte mit den originalen Kadenzen von Mozart im Konzert Nr. 27, fügte im Konzert Nr. 21 nahtlos zwei eigene, sehr stilvolle Kadenzen ein, ganz im Sinne des Konzertes, die zeigten, wie sehr er sich in diese Musik vertieft und einfühlt, und entschied sich im Konzert Nr. 20 für eine Kadenz von Ludwig van Beethoven, der dieses Klavierkonzert besonders schätzte und mehrmals selbst aufführte.
Buchbinder und die Musiker der Sächsische Staatskapelle musizierten „auf gleicher Wellenlänge“ und schienen oft völlig zu verschmelzen. Es bedurfte keines großen „Dirigates“. Solist und Orchester verstanden sich “blind“ aus dem gleichen musikalischen Verständnis und Empfinden heraus. Sie spielten mit sichtlicher Freude, Lust und Liebe an dieser Musik und viel Engagement.
Nach einer mehr als 60 Jahre währenden Karriere, in der Buchbinder vor allem bei den Klavierkonzerten und Sonaten Beethovens Maßstäbe gesetzt hat, interpretierte er auch die Klavierkonzerte Mozarts mit ungebrochener Frische und Esprit, Werkreue und interpretatorischer Freiheit. Bei ihm verbinden sich Authentizität und Spontaneität in tief empfundenem Nachspüren der Intentionen des Komponisten. Die Musiker der Staatskapelle musizierten gemeinsam mit ihm mit ihren engagierten, klangschönen Holzbläsern und Streichern.
Ingrid Gerk